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Abenteuerreise Island: Laugavegur und Fimmvörðuháls

Donnerstag, 24. Juli 2014

Tag 1: Rendsburg (D) > Reykjavík (IS)

Anreise nach Reykjavík

Wie vor jedem Urlaub, wache ich morgens zeitig auf und bin angespannt und nervös - trotz langer und intensiver Vorbereitung. Ich packe meine restlichen Sachen und mache mich halb neun zum Bahnhof auf. Die Anreise zum Hamburger Flughafen verläuft reibungslos.

 

Bei der Gepäckabgabe fällt mir ein, dass ich aus Versehen Feuerzeug und Streichhölzer im Rucksack anstatt im Handgepäck verstaut habe. Beides wird natürlich gefunden. Das Feuerzeug darf ich im Handgepäck mitnehmen, die Streichhölzer dürfen am Flughafen bleiben, da es sich um keine Sicherheitsstreichhölzer handelt. Wie war das noch mit der langen und intensiven Vorbereitung?

 

Da ich nun die volle Aufmerksamkeit des Sicherheitsbeamten habe, darf ich noch Campingkocher, Verbandkasten und Kulturbeutel präsentieren. Denn wer Kocher und Feuerzeug dabei hat, hat sicherlich noch etwas Brennstoff für den Kocher versteckt. In diesem Punkt muss ich den Beamten jedoch leider enttäuschen.

 

Mein Flug startet mit etwa 60 Minuten Verspätung, sodass ich erst gegen 16 Uhr in Keflavík lande. Da es nur 3 Gepäckbänder gibt, dauert die Gepäckausgabe etwas länger. Island ist Mitglied des Schengener Abkommens, sodass keine Einreisekontrolle erfolgt. Dennoch bin ich angespannt, da ich mehr Lebensmittel im Rucksack habe als man einführen darf. Doch alles klappt reibungslos.

 

Mit dem Flybus+ geht es weiter nach Reykjavík zum BSÍ-Terminal. Zwischendrin wird mehrmals gehalten und Personen steigen aus. Vom terminal geht es weiter zum Campingplatz, den ich schließlich gegen 18 Uhr erreiche.

Erster Abend auf Island

Nachdem ich mein Zelt errichte habe, decke ich mich mit etwas Geld und Lebensmitteln ein. Zurück auf dem Campingplatz genieße ich den ersten Skyr meines Urlaubes. Viele weitere werden sicherlich noch folgen.

 

Den Rest des Abends verbringe ich mit der Vorbereitung meiner Wanderung. Ich packe meinen Rucksack und gebe alle Sachen und Lebensmittel, die ich nicht benötigen werde, bei der Gepäckaufbewahrung des Campingplatzes ab. In dem kleinen Shop des Campingplatzes kaufe ich noch die dringend benötigte Gasflasche für meinen Campingkocher.

 

Ich freue mich zwar auf den Urlaub, aber irgendwie bin ich heute schlecht drauf. Das Wetter ist nicht gut und die Aussichten für die nächsten Tage sind nicht besser. Vielleicht liegt es aber auch einfach nur an der langen Anreise und dem überfüllten Campingplatz. Ich hoffe, dass meine Stimmung morgen besser sein wird.


Freitag, 25. Juli 2014

Tag 2: Reykjavík > Landmannalaugar

Anreise nach Landmannalaugar

Um 6 Uhr ist bereits Aufstehen angesagt, denn um 7 Uhr fährt der kostenlose Transferbus vom Campingplatz zum BSÍ-Terminal. Von dort startet um 8 Uhr der Bus nach Landmannalaugar.

 

Es war eine unruhige Nacht, ich habe schlecht geschlafen. Kurz nachdem die letzten Ankömmlinge weit nach Mitternacht ihre Zelte errichtet haben, beginnen bereits die ersten Abreisenden gegen 4 Uhr ihre Zelte abzubauen. Mein Zeltnachbar stolpert beim Zeltabbau zudem mehrmals über die Spannleinen meines Zeltes.

 

Meine Laune hat sich über Nacht leider nicht gebessert. Der Nieselregen am Morgen hebt meine Stimmung auch nicht. Ich hoffe auf Besserung, sobald ich im Hochland unterwegs bin.

 

Zu Beginn der knapp vierstündigen Busfahrt wird das Wetter noch schlechter. Es regnet zeitweise stark und wir fahren sogar durch Nebel. Eine willkommene Ablenkung bietet der Audioguide im Bus, der mich mit interessanten Informationen über Island füttert.

 

Im Laufe des Vormittages wird das Wetter zunehmend etwas besser und die Sonne kommt vereinzelt durch. Die Strecke durchs Hochland entlang der Straße F225 ist sehenswert. Je weiter wir fahren, desto schöner wird die Landschaft. Ich schwelge in Erinnerungen an meinen letzten Islandurlaub. Meine Stimmung bessert sich allmählich.

 

Gegen 11.45 Uhr erreichen wir endlich Landmannalaugar. Kurz zuvor hat es aufgehört zu nieseln. Die Vorfreude auf das bevorstehende Abenteuer steigt.

Landmannalaugar

Landmannalaugar - es ist schön, wieder hier zu sein! Landmannalaugar zählt zu meinen Lieblingsplätzen auf Island. Der Campingplatz ist umgeben von vielfarbigen Rhyolithbergen, liegt am Fuße eines Lavafeldes und hat eine besondere Atmosphäre.

 

Ich nutze das trockene Wetter, um mein Zelt aufzubauen. Der Boden ist vom Regen stellenweise sehr matschig. Nach einiger Zeit finde ich ein trockenes Plätzchen an einem Bach. In der Hoffnung auf eine ruhige Nacht, steht mein Zelt in einiger Entfernung zu den Hütten.

 

Nach einer Stärkung breche ich gegen 13.15 Uhr zu einer Wanderung auf. Ich nehme fast mein gesamtes Gepäck mit, um auf der Kurzwanderung die Einstellung und Gepäckverteilung meines Rucksacks zu überprüfen und um mich an das stattliche Gewicht von knapp 20 kg zu gewöhnen.

 

Die Wanderung führt mich zunächst durch die Schlucht Grænagil, die an einer Lavakante entlangführt. Links von mir befindet sich der Gipfel Bláhnúkur. Am Ende der Schlucht führt der Weg schließlich durch das Lavafeld.

 

Auf dem Weg zum Bláhnúkur muss der Bach gequert werden, der durch die Schlucht führt. Der Lauf des Baches hat sich im Vergleich zum letzten Jahr deutlich verändert. Nach einigem Suchen finde ich geeignete Stellen, die ich mit Hilfe meiner Wanderstöcke überqueren kann, ohne meine Schuhe ausziehen zu müssen.

 

Etwas weiter beginnt der Anstieg zum Bláhnúkur. Ein Trampelpfad führt steil nach oben und bietet schöne Einblicke in die Schlucht Grænagil. Mit zunehmender Höhe wird die Aussicht auf die umliegende Landschaft immer spektakulärer. Der Gipfel wartet schließlich mit einer guten Rundumsicht auf die bunten Rhyolithberge auf.

 

Während der Wanderung wird das Wetter immer schöner. Die Sonne kommt zum Vorschein, doch auf den Bergen weht ein eisiger Wind. Das Licht der Sonne lässt die verschiedenen Farbtöne der Berge besonders zur Geltung kommen.

Tagesausklang

Gegen 15.45 Uhr bin ich wieder am Campingplatz. Den Rest des Tages genieße ich die Atmosphäre auf dem Zeltplatz und lasse die Seele baumeln. So langsam kommt bei mir Urlaubsstimmung auf. Endlich!

 

Nach dem Abendessen bin ich froh, dass ich mich für die doppelte Ration (250 g statt 125 g) von Travellunch entschieden habe. Ansonsten würde ich wohl in den nächsten Tagen abends nicht satt werden.

 

Ich gehe zeitig zu Bett, um morgen ausgeruht die erste Etappe des Laugavegur angehen zu können.


Samstag, 26. Juli 2014

Tag 3: Landmannalaugar > Hrafntinnusker > Álftavatn (22,5 km)

Landmannalaugar > Hrafntinnusker (11 km)

Nach einer erholsamen Nacht wache ich gegen 6.50 Uhr mit leichtem Muskelkater in den Beinen auf. Es dauert fast zwei Stunden, bis ich abmarschbereit bin. Bevor ich jedoch mit der Mehrtageswanderung starte, hinterlege ich noch meinen Reiseplan beim isländischen Wanderverein. Bereits um diese Uhrzeit herrscht Hochbetrieb in der Hütte. Ein verletzter Wanderer wird medizinisch versorgt.

 

Der Wanderweg führt von den Hütten steil auf die Kante des Lavafeldes Laugahraun. Nach der Überquerung des rauen, zerklüfteten Lavafeldes führt der Weg nun rechts der Lava hoch. In der Ferne sind bereits die Dampffahnen der Solfataren an den Hängen der Brennisteinsalda zu erkennen. Kurze Zeit später steigt mir erster Schwefelgeruch in die Nase.

Der Laugavegur schraubt sich nun steil empor. Rückblickend ergibt sich eine herrliche Aussicht auf das Lavafeld Laugahraun. Auch die Schlucht Grænagil ist in der Ferne erkennbar.

 

Etwas weiter zweigt ein Trampelpfad zum Gipfel der Brennisteinsalda ab. Da mir Anstiege merklich Probleme bereiten, lasse ich den Gipfel rechts liegen und konzentriere mich lieber auf den Laugavegur.

 

Weiter oben erreiche ich einen breiten Rücken. Das zersetzte Rhyolithgestein ist hier von zahlreichen kleinen Furchen und Tälern durchzogen, aus denen Dampffahnen emporsteigen. Die vielen unterschiedlichen Farbtöne des Gesteins werden durch weißen Schnee und grünes Moos aufgelockert.

 

Ich passiere schließlich die heiße Quelle Stórihver. Kochendheißes Wasser schießt hier mit Wucht aus einer kreisförmigen Öffnung im Boden hoch. Einige trauen sich sehr nah an die Quelle heran. Ich halte lieber etwas Abstand.

Ab Stórihver steigt die Route zu einem Pass zwischen den Bergen Söðull und Hrafntinnusker hoch. Dabei sind viele Altschneeflächen zu überqueren. Mehrere große Steinwarten markieren den Weg.

 

Bei einem Steinmann erinnert eine Gedenktafel an das tragische Schicksal von Ido Keinan. Der 25-jährige Israeli kam hier am 27. Juni 2004 während eines plötzlichen Wetterumsturzes durch Unterkühlung ums Leben - wenige Kilometer vor der schützenden Hütte. Ido hatte im schlechten Wetter die Orientierung verloren, sodass er seine aktuelle Position nicht genau kannte. Die alarmierten Hilfskräfte konnten ihn schließlich nur noch tot bergen.

 

Von der Passhöhe (1.110 m) ist die etwa 500 m entfernte Hütte Hrafntinnusker zu erblicken, die ich gegen 12.30 Uhr erreiche. In der Hütte ist es mit gefühlten 40°C unerträglich warm.

 

Der Hüttenwart überzeugt mich zum Weitergehen. Schließlich ist es erst Mittag und die nächste Etappe geht hauptsächlich bergab. Da die Gegend um die Hütte sehr unwirtlich ist, die Quelle nahe der Hütte momentan kein Wasser liefert und von meiner anfänglichen Erschöpfung nichts mehr zu spüren ist, fällt mir die Entscheidung leicht.

Hrafntinnusker > Álftavatn (11,5 km)

Nach einer kurzen Rast breche ich gegen 13 Uhr auf. Der erste Abschnitt führt über ausgedehnte Schneeflächen. Farbenprächtige Rhyolithberge beherrschen nach wie vor die Szenerie.

 

Nach etwa einer Viertelstunde setzt leichter Nieselregen ein. Ich spiele kurz mit dem Gedanken der Umkehr. Doch die Aussicht, den Rest des Tages im Zelt zu sitzen, ist wenig verlockend. Daher laufe ich weiter.

 

Der Nieselregen begleitet mich den Rest des Tages. Zwischendrin gibt es aber immer wieder längere trockene Abschnitte. Kurz vor Álftavatn lässt sich sogar die Sonne kurz blicken. Die Regenmenge ist so gering, dass keine Regenhose erforderlich ist und dass die Aussicht nur geringfügig getrübt wird.

 

Obwohl es überwiegend bergab geht, sind zwischendrin doch einige steile An- und Abstiege zu bewältigen. Ein Anstieg führt direkt an einem Solfatarenfeld vorbei. Der lehmartige Boden ist stark aufgeweicht, sodass ich knöcheltief im Matsch versinke. Die Gamaschen verhindern, dass meine Wanderhose schmutzig wird.

 

Einmal rutsche ich weg und verliere das Gleichgewicht. Mit den Wanderstöcken kann ich zum Glück ein Umfallen verhindern. Ich male mir aus, wie ich wohl ausgesehen hätte, wenn ich mich in diesem Schlammloch auf die Seite gelegt hätte.

 

Nach etwa der Hälfte der Strecke erreiche ich den Rand eines Plateaus, was mit einem abrupten Szenenwechsel einhergeht. Hinter mir liegen die bunten Rhyolithberge, vor mir eine schwarze Sandwüste mit moosbewachsenen Palagonitbergen. In der Ferne ist das Tagesziel Álftavatn zu erkennen.

Der Laugavegur fällt nun über die Hänge der Jökultungur etwa 300 m steil ab. Der Hang ist mit Rinnsalen durchsetzt und stellenweise rutschig. Konzentriert meistere ich auch diese Herausforderung.

 

Am Fuße des Steilhangs wartet die Furt durch den Gletscherbach Grashagakvísl. Da der Bach wenig Wasser führt und ein Durchwaten nicht erforderlich zu sein scheint, suche ich nach einer geeigneten Stelle zum Übersetzen.

 

Flussaufwärts werde ich schließlich fündig. Über Steine und über eine Holzbohle, die scheinbar eigens hierfür in den Bach gelegt worden ist, balanciere ich auf die andere Seite. Meine Wanderstöcke geben mir den erforderlichen Halt. Anschließend helfe ich an der eigentlichen Furt einem jungem Paar aus Frankreich über die Furt, in dem ich ihnen meine Wanderstöcke zur Verfügung stelle. 

 

Der Weg führt nun über sanft gewellte Moos- und Grashänge weiter zur Hütte in Álftavatn, die ich gegen 17 Uhr erreiche.

Tagesausklang

Nachdem ich mich häuslich eingerichtet, geduscht, gegessen und meine Wäsche gewaschen habe, unternehme ich einen kurzen Spaziergang zum See und genieße dort die Abendstimmung. Ursprünglich wollte ich eine Kurzwanderung aus dem Wanderführer machen, aber ursprünglich wollte ich auch nicht zwei Etappen an einem Tag laufen. Nach knapp 23 km und über 8 Stunden auf den Beinen fehlt mir einfach die Kraft für eine weitere Wanderung.

 

Erschöpft, aber zufrieden falle ich ins Bett.


Sonntag, 27. Juli 2014

Tag 4: Álftavatn > Emstrur (16 km)

Wanderung nach Emstrur (16 km)

Gegen 8.30 Uhr beginne ich die Etappe nach Emstrur. Es ist sonnig und leicht bewölkt. Ich hoffe, dass sich das gute Wetter den Tag über halten wird.

 

Als ich in der Hütte meinen Reiseplan hinterlegen möchte, weist mich die Hüttenwartin darauf hin, dass dies ab hier nicht mehr möglich sei. Das System scheint also nicht lückenlos zu funktionieren. Da ich kein internetfähiges Handy dabei habe, kann ich meinen Reiseplan auch nicht online hinterlegen.

 

Meine Wanderung beginnt schließlich mit einem Fehler. Anstatt dem vom Campingplatz nach Emstrur führenden Wanderweg zu folgen, laufe ich zurück zur Straße und folge dieser nach Emstrur. Als ich meinen Fehler bemerke, ist es für eine Umkehr bereits zu spät. Da Straße und Wanderweg bei der nächsten Furt wieder aufeinander treffen sollen, bleibe ich auf der Straße.

 

Meinen Fehler bezahle ich mit einem deutlichen Umweg und einer breiteren Furt, da ich einen zweiten Arm des Baches Bratthálskvísl queren darf. Der wadentiefe Bach muss durchwatet werden, da keine Steine zum Balancieren vorhanden sind.

 

Ich wechsle meine Wanderschuhe gegen Plastiksandalen und taste mich langsam in den eiskalten Bach vor. Die kleine Furt bereitet keine Probleme. Auf der anderen Seite trockne ich schnell meine kalten Füße und schlüpfe in die wohlig warmen Socken und Wanderschuhe.

Der Wanderweg führt nun rechts von einer kleinen Schlucht hinauf zu einem Ausläufer des Vegahlíð. Nach Überquerung des Höhenzuges ist die Schlucht Hvanngil zu erblicken. Gegen 10 Uhr passiere ich die Wanderhütte Hvanngil.

 

Von der Hütte führt einer schmaler Pfad zunächst über die Fladenlava des Hvanngilshraun. Später folgt eine Fußgängerbrücke, die über den Bach Kaldaklofskvísl führt. Der Laugavegur folgt ab hier im Verlauf der nächsten Kilometer den Straßen F210 und F261. Ich treffe jedoch auf kein einziges Fahrzeug.

 

Die F261 wartet mit einer knietiefen Furt durch den Bach Bláfjallakvísl auf. Bei der ersten Furt hatte ich meine Hose nur hochkrempeln müssen. Dies wird hier aufgrund der Wassertiefe nicht ausreichend sein. Daher ziehe ich auch meine Hose aus. Bevor ich mich ins kalte Vergnügen stürze, beobachte ich zunächst einige andere Wanderer. Auch das tiefere Wasser mit stärkerer Strömung scheint keine großen Probleme zu bereiten.

 

Das eiskalte Wasser sorgt für eine ordentliche Abkühlung. Aufgrund der stärkeren Strömung fällt es mir schwer, auf dem angepeilten Weg zu bleiben. Ich schaue mehr nach unten als nach vorn und muss meine Gehrichtung oft korrigieren. Ich bin froh, auch diese Furt gemeistert zu haben.

Der folgende Abschnitt durch die schwarze Sandwüste Emstrur vermittelt eindrucksvoll die Weite des Hochlandes. Im Südosten schimmert die gewaltige Eiskappe Mýrdalsjökull. Aufkommende Sandstürme können jedoch den Weg durch die Wüste zur Tortur werden lassen. Peitschende Windböen können riesige Sandwolken hochwirbeln und die Wüste in eine Hexenküche verwandeln. Ich habe Glück. Das Wetter ist gut und es herrscht nur wenig Wind.

 

Die Einöde gefällt mir. Dennoch empfinde ich die Wanderung durch die Wüste als sehr kräftezehrend. Es gibt kaum Abwechslung, der Weg scheint unendlich lang zu sein und die Stunden ziehen sich hin. Ich ertappe mich bei dem Gedanken, was ich hier eigentlich mache. Meine Motivation lässt etwas nach.

 

Im letzten Jahr auf Island hatte ich mich noch gefragt, was Menschen dazu bewegt, durch die Wüste zu wandern. Nun bin ich selbst in der Einöde zu Fuß unterwegs, und bin für mich zu folgender Antwort gekommen:

 

Wie schon 2011 am Kilimanjaro empfinde ich die endlose Weite als befreiend. Trotz oder gerade wegen der körperlichen Anstrengung kann ich mich hier gut erholen. Ich konzentriere mich auf das Wesentliche, der Alltag ist vergessen und mein Kopf kann abschalten.

 

Letztendlich ist die Wanderung auch eine gute Prüfung der Selbstmotivation und Selbstdisziplin. Ein hochgestecktes Ziel zu erreichen, dabei neue Herausforderungen zu meistern und an seine körperlichen Grenzen zu gehen, erfüllt mich mit Zufriedenheit.

Nachdem ich den tosenden Gletscherfluss Innri-Emstruá auf einer Brücke überquert habe, mache ich am nahe gelegenen Wasserfall eine längere Rast. Der Wanderweg biegt nun von der Piste ab und führt weiterhin durch die Wüste.

 

Auf jeder Anhöhe hoffe ich, endlich mein Tagesziel erblicken zu können. Obwohl ich durch mein GPS-Gerät weiß, dass ich noch einige Kilometer zurücklegen muss, werde ich immer wieder enttäuscht. Gegen 14 Uhr erreiche ich schließlich Emstrur. Auch hier kann man keinen Reiseplan hinterlegen.

Tagesausklang

Ich mache mich mit dem Zeltplatz vertraut, baue mein Zelt auf, wasche etwas Kleidung und hänge diese zum Trocknen auf. Anschließend erhole ich mich von den Strapazen der Wanderung und mache ein kurzes Nickerchen.

 

Um 16 Uhr mache ich mich zur gigantischen Schlucht Markafljótsgljúfur auf, die in der Nähe des Zeltplatzes liegt. Der markierte Wanderweg führt direkt an der Schluchtkante entlang und bietet imposante Einblicke in die unheimlichen Tiefen der Schluchtenwelt. Leider wird die Aussicht durch das diesige Wetter getrübt.

 

Der Weg endet an einem kleinen Steinmann, der auf einem Hügel steht. Von hier bietet sich eine schöne Weitsicht auf die Gletscherzungen der Eiskappen Mýrdalsjökull, Eyjafjallajökull und Tindfjallajökull. Der Weg führt nun auf der Rückseite des Hügels zurück zum Zeltplatz, den ich gegen 17.30 Uhr erreiche.

 

Ich freue mich schon auf die heiße Dusche. Doch von den bezahlten 5 Minuten heißes Wasser, bekomme ich nur eine Minute ab. Der Automat scheint wohl defekt zu sein. So muss ich meine Dusche mit eiskaltem Wasser beenden.

 

Am Abend stelle ich fest, dass sich meine Trekkinghose langsam auflöst. Am Gesäß befindet sich ein Riss, den ich mir vermutlich auf einem spitzen Felsen geholt habe. Am Hosenstall und am Bein lösen sich allmählich einige Nähte auf. Da ich weder eine Ersatzhose noch Nähzeug dabei habe, hoffe ich, dass die Hose durchhält.

 

Bereits halb neun gehe ich zu Bett. Kurze Zeit später setzt Regen ein, dem heftige Winde folgen. Mein Zelt wird ordentlich durchgeschüttelt, zumal die Windrichtung ständig wechselt. Der Sturm hält fast die ganze Nacht an. Zweimal stehe ich nachts auf, um die Befestigung des Zeltes zu prüfen und zu erneuern. Mit Stöpseln in den Ohren versuche ich, etwas Schlaf zu finden, was mir jedoch schwer fällt.


Montag, 28. Juli 2014

Tag 5: Emstrur > Básar (16 km)

Wanderung nach Básar (16 km)

Um 6.30 Uhr werde ich unausgeruht wach. Es ist nach wie vor sehr windig, doch es regnet nicht. Das Zelt ist trocken, auch im Inneren hat sich keine Feuchtigkeit gesammelt. Doch das Außenzelt ist mit feinstem Sand bedeckt, welcher durch den starken Wind aufgewirbelt worden sein muss.

 

Es sieht heute nach Regen aus. Da ich bei trockenem Wetter möglichst viel Weg zurücklegen möchte, will ich zeitig aufbrechen. Doch der sandige Wind erschwert den Abbau des Zeltes.

 

Kurz nach 8 Uhr breche ich schließlich in Richtung Þórsmörk auf. Der kalte Wind erzeugt immer wieder kleine Sandstürme. Ich bin froh, dass ich bei diesem Wind heute nicht durch die Wüste Emstrur wandern muss.

 

Der Lagauvegur beschreibt zunächst einen weiten Bogen nach Osten. Nach 1,5 km führt der Weg einen langen Steilhang hinunter und führt direkt auf den Gletscherfluss Fremri-Emstruá zu, über den eine Brücke führt. Der Abstieg zur Brücke ist sehr steil und abenteuerlich. Zur Eigensicherung sind auf beiden Seiten der Schlucht Ketten und Seile angebracht.

Der Laugavegur  verläuft nun parallel zur Schlucht Markarfljótsgljúfur nach Westen. In der Ferne ist ein Regengebiet erkennbar. Anschließend werden zwei tiefe Nebenschluchten Slyppugil und Bjórgil überwunden. Hinter Bjórgil geht es allmählich bergab. Je tiefer ich komme, desto grüner wird die Landschaft. Blumen und Büsche erscheinen. Þórsmörk rückt näher.

 

Heute habe ich erstmals keine Startschwierigkeiten bei mir festgestellt. In den vergangenen Tage hatte ich nach etwa einer Dreiviertelstunde Wanderung immer einen Leistungseinbruch. Mein Körper scheint sich mittlerweile an die Belastung gewöhnt zu haben.

 

Ich erreiche nun das Regengebiet und ziehe vorsorglich meine Regenhose an. Doch in der Hose ist es mir zu warm. Ich entscheide, lieber von außen statt von innen nass zu werden und ziehe die Hose nach kurzer Zeit wieder aus. Da die Intensität des Regens variiert, kann die Hose zwischendrin immer wieder trocknen.

Über den Gletscherfluss Ljósá führt eine Brücke. Die tiefe Schlucht ist so eng, dass sie vom Blätterdach der Birken fast zugewachsen ist. Auch die von Birken umgebene Brücke ist nur aus der Nähe zu erkennen.

 

Nach Überschreitung eines Hügelrückens folgt das größte Hindernis des Laugavegur: die Furt durch die Þröngá. Aus der Ferne ist die Furt schon zu erkennen. Mein erster Eindruck, dass der Fluss vergleichsweise wenig Wasser führt, bestätigt sich. Dennoch ist die Furt anspruchsvoll. Die Strömung ist stark und es geht steil in das knietiefe Wasser hinab.

 

Hinter Furt beginnt der Birkenwald von Þórsmörk, durch den ein schmaler Pfad führt. Es ist ein schönes Gefühl, nach langer Zeit wieder durch einen Wald und durch eine grüne Landschaft gehen zu können.

 

Da ich meine Wanderung nicht in Þórsmörk beenden möchte, folge ich dem Weg nach Langidalur, um von dort nach Básar zu gelangen. Básar ist der Ausgangspunkt für den Wanderweg Fimmvörðuháls.

Der Trampfelpfad führt über einen kleinen Höhenzug. Doch der Ausblick in das Tal wird durch Sprühregen sehr getrübt. Bei diesem Wetter macht es keinen Sinn, die vielen kleinen Wanderwege von Þórsmörk zu erkunden.

 

In Langidalur mache ich eine längere Rast. Auch am Ende des Laugavegur kann ich nicht den Abschluss meiner Wanderung quittieren. Nur für die Gegenrichtung kann man hier seinen Reiseplan hinterlassen. Irgendwie hatte ich mich darauf verlassen, dass sich jemand auf die Suche nach mir machen würde, wenn ich meinen zu Beginn angegebenen Reiseplan nicht einhalte. Hier scheine ich wohl einem Trugschluss erlegen zu sein. 

 

Die Verlockung ist groß, in dem kleinen Café in Langidalur etwas Warmes zu essen. Doch die Belohnung für all die "Strapazen" möchte ich mir jedoch für den Skógafoss aufheben, dem Endpunkt meiner Wanderung. Ich freue mich schon riesig auf den Hamburger.

 

Um nach Básar zu gelangen muss der Gletscherfluss Krossá überquert werden. Ich folge zunächst dem Flussbett flussaufwärts nach Osten. Den Fluss überquere ich schließlich über eine mobile Brücke, die aus Teilen eines ausgemusterten Kranauslegers und aus LKW-Reifen gefertigt worden ist.

 

Mit den mobilen Brücken kann rasch auf Lageänderungen des Flussbettes reagiert werden. Mit Traktoren werden die Brücken einfach an geeignetere Stellen transportiert. Daher sollte man sich in Langidalur über die aktuelle Position der mobilen Brücken informieren.

 

Die Wanderung durch das breite Flussbett lässt erahnen, welche Wassermassen sich hier bei einer Schneeschmelze oder einem Vulkanausbruch ihren Weg durch das Tal bahnen müssen. Gegen 15.15 Uhr erreiche ich die Hütte in Básar.

Tagesausklang

Die Wetteraussichten für den morgigen Tag sind gut. Einer Wanderung nach Skógar steht also nichts im Wege. Das macht mich froh.

 

Am Abend unternehme ich einen kurzen Spaziergang am Krossá entlang und lasse die Landschaft auf mich wirken. Gegen 20 Uhr verschwinde ich in meinem Zelt.


Dienstag, 29. Juli 2014

Tag 6: Básar > Skógafoss (23 km)

Wanderung nach Fimmvörðuskáli (9 km)

Um 6 Uhr stehe ich auf. Mein Zelt ist komplett nass - von innen und außen. Die windgeschützte Lage und das feuchte Wetter haben im Zelt reichlich Kondenswasser entstehen lassen. Mit einem Mikrofasertuch entferne ich die gröbste Nässe.

 

Um 7.45 Uhr breche ich auf. Mit etwa 23 km und 1000 Höhenmeter liegt eine anspruchsvolle Wanderung vor mir. Eine Übernachtung auf Fimmvörðuskáli ist nicht vorgesehen, da zelten dort nicht möglich ist.

 

Der markierte Wanderweg führt zunächst ohne nennenswerte Höhenunterschiede durch Birkenwäldchen und Büsche nach Südosten. Der eigentliche Aufstieg beginnt nach der Überquerung einer Fußgängerbrücke an einer Hinweistafel, die über die Gefahren und Verhaltensweisen im Falle eines Vulkanausbruches der Katla informiert.

 

Ich folge zunächst der Holztreppe und später einem schmalen Trampelpfad, der über die Birken hinaussteigt und schließlich steil und mit Ketten gesichert hochführt. Es ergeben sich tolle Ausblicke auf Þórsmörk und auf die Urlandschaft Goðaland.

Später verengt sich der Bergkamm zum messerscharfen Grat Kattarhryggir (Katzenrücken). Links und rechts vom schmalen Pfad klaffen tiefe Abgründe. Bei Sturm und feuchtem Untergrund ist der stellenweise mit einem Kunststoffseil gesicherte Weg sicherlich nicht ungefährlich.

 

Der Grat weitet sich wieder zu einem breiten Kamm, auf dem es mäßig ansteigend zum Sattel Foldir weitergeht. Der Wanderweg hält direkt auf einen massiven Felsen zu, in dessen Flanke sich der Pfad nun steil zum Plateau Morinsheiði hochzieht. Mit dem mit Vulkanasche bedecktem Plateau geht ein Landschaftswechsel einher.

 

Ich weiche vom Wanderweg ab und folge einem Pfad nach Osten zur Abbruchkante des Plateaus. Von hier bietet sich mir ein toller Blick ins Tal auf Goðaland - dem Land der Götter.

 

Zurück auf dem Wanderweg folgt am Südende des Plateaus ein schmaler Grat, dem sich ein weiterer Steilhang anschließt. Heikle Stellen sind auch hier mit Ketten gesichert.

Nach einem kleinen Plateau folgt ein knackiger Aufstieg über einen mit Vulkanasche übersäten Steilhang, der es in sich hat. Ich mache viele kleine Pausen und werfe dabei einen Blick zurück ins Tal. Am Ende des Aufstiegs stehe ich plötzlich vor dem Lavafeld Goðahraun, welches während des Ausbruchs des Eyjafjallajökull im Jahr 2010 entstanden ist.

 

Obwohl ich schon einige Lavafelder auf Island gesehen habe, hatte ich mir das Lavafeld Goðahraun irgendwie spektakulärer vorgestellt. Von rot glühender Lava und Dampfsäulen ist nichts zu sehen. Nichtsdestotrotz herrscht hier eine mystische Stimmung, die durch die zunehmende Bewölkung noch verstärkt wird.

 

Plötzlich taucht ein Helikopter auf und landet in nur wenigen hundert Metern Entfernung. Zunächst vermute ich, dass es sich um einen Rettungshubschrauber handeln könnte. Doch mit dem Hubschrauber wurden nur eingie Touristen zu dem Lavafeld befördert.

 

Im leichten Auf und Ab geht es über das Lavafeld und über Schneefelder. Der Weg schlängelt sich dann direkt auf den Hauptkrater der Ausbruchsstelle zu und zieht östlich an den beiden neu entstandenen Vulkankegeln Magni und Móði vorbei.

 

Auf einmal steht ein junger Engländer neben mir und fragt mich, wo wir wären. Wir stellen fest, dass er den Bereich seiner Karte bereits verlassen hat. Ich erzähle ihm, dass in wenigen Kilometern eine Hütte steht. Auf dem gemeinsamen Weg bis zur Hütte Fimmvörðuskáli erzählt er mir ohne Punkt und Komma seine Lebensgeschichte.

 

Zu Hause in England hatte er viel Geld in sein Fahrrad gesteckt, um damit durch Island reisen zu können. Doch das Fahrrad hat den Belastungen nicht standgehalten und die aufwändige und teure Reparatur auf Island kann er sich nicht leisten. Nun fährt er mit dem Bus durch Island und geht wandern. Das erklärt, warum er mit kurzer Hose, Pullover, dünner Jacke und Turnschuhen unterwegs ist.

 

Nach den Tagen der Abgeschiedenheit mit wenigen, kurzen Gesprächen ist es ungewohnt für mich, eine längere Unterhaltung zu führen. Aber eigentlich muss ich nur zuhören, ab und an eine Frage stellen und hin und wieder selbst eine Frage beantworten.

 

Je näher wir dem Pass Fimmvörðuháls kommen, desto stärker wird der eiskalte Nordwind. Stellenweise treten starke Böen auf, so dass wir uns gegen den Wind stemmen müssen. Zum Glück kommt der Wind meistens von hinten. Wanderer, die in entgegengesetzter Richtung unterwegs sind, haben mehr mit Wind und Sand zu kämpfen. 

 

Gegen 12.30 Uhr erreichen wir schließlich die Hütte, von der man eine faszinierende Aussicht hat. Die gewaltigen Eiskappen Mýrdalsjökull im Osten und Eyjafjallajökull im Westen flankieren den durch Lava und Ascheschichten veränderten Pass. Am Horizont ist der glitzernder Atlantik zu erkennen.

Wanderung zum Skógafoss (14 km)

Nach einer gemeinsamen Rast trennen sich unsere Wege. Der Engländer läuft den Weg, den wir gekommen sind, wieder zurück. Für mich geht es weiter nach Süden zum Wasserfall Skógafoss. Es liegen noch etwa 14 Kilometer vor mir. Der ersehnte Hamburger im Schnellrestaurant des Gemeindezentrums Fossbúð rückt in greifbare Nähe.

 

Zunächst geht es mühsam über Vulkanasche und Schneefelder weiter. Der starke Wind hat es immer noch in sich. Doch je mehr ich an Höhe verliere, desto schwächer wird der Wind. Nach etwa 2 Kilometer erreiche ich die Notschutzhütte Baldvinskáli. Hier herrscht wider Erwarten reger Betrieb. Ich vermute, dass die Notschutzhütte nicht nur als Rast-, sondern auch als kostenlose Übernachtungsmöglichkeit genutzt wird.

Ab der Hütte bis zur Brücke über den Skógá folgt der Wanderweg hauptsächlich einer Jeeppiste, lässt dabei aber die ein oder andere Schleife aus. Obwohl sich herrliche Ausblicke auf die Gletscher Eyjafjallajökull und Mýrdalsjökull sowie auf den Fluss Skógá ergeben, der links des Wanderweges durch eine Schlucht fließt, empfinde ich den Weg als nicht ganz so schön.

 

Im letzten Jahr bin ich ein Stück des Weges gewandert, der westlich der Hütte Fimmvörðuskáli nach Skógar führt. Dieser schöne Trampelpfad war irgendwie näher an der Natur dran als die Jeeppiste im Osten. Zwar hatte ich mich bewusst gegen den Trampelpfad entschieden, doch mittlerweile bereue ich die Entscheidung ein wenig.

 

Die Brücke über den Skóga weist in diesem Jahr eine Treppe auf, die ich im letzten Jahr vermisst hatte. So gestaltet sich der Abstieg von der Brücke sehr einfach. Dafür fehlt jedoch diesmal das Geländer auf der westlichen Seite.

Ich verlasse endlich die Jeeppiste und folge dem Trampelpfad, der sich am Ostufer der Skógá entlang schlängelt. Der Fluss hat sich in den Basaltlaven und Palagonittuffen eine tiefe Schlucht ausgehobelt. Die Strecke ist sehr abwechlungsreich. Mal ruhig, mal wild aufbrausend sucht sich der Fluss seinen Weg ins Tal hinunter. Es gibt zahlreiche Wasserfälle und tiefe Schluchten zu bestaunen.

 

Trotz der vielen Abwechslung kommt mir der Weg wesentlich länger als im letzten Jahr vor. Stellenweise ist mir die Landschaft sogar völlig unbekannt. Landmannalaugar hatte sich mir im letzten Jahr so stark ins Gedächtnis gebrannt, dass ich in diesem Jahr alles wieder erkannt habe. Auch die Wanderung entlang der Skógá hatte damals einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen, der scheinbar jedoch nicht so stark gewesen sein muss. So erfreue ich mich an der vermeintlich neuen Landschaft.

 

Meine Füße brennen und meine rechte Schulter tut weh, weil mein Rucksack heute nach hinten zieht. Ich kann das Ende der Wanderung kaum erwarten und freue mich schon auf den "Belohnungs-Hamburger" sowie auf die Erholungstage in Reykjavík.

 

Je näher ich dem Skógafoss komme, desto mehr Tageswanderer kommen mir entgegen. Gegen 17.30 Uhr erreiche ich schließlich völlig erschöpft den Campingplatz am Fuße des Wasserfalls. Meine Freude hält sich in Grenzen. Scheinbar habe ich noch nicht richtig realisiert, dass ich die Wanderung des Laugavegur und des Fimmvörðuháls erfolgreich absolviert habe und wunderschöne Tage in wilder Landschaft verbracht habe.

Tagesausklang

Ich errichte mein Zelt, beseitige die letzen Reste grober Feuchtigkeit von vergangener Nacht und lasse es an der Luft trocknen. Anschließend folgt die lang ersehnte heiße Dusche und die medizinische Versorgung von wunden Stellen. Nun steht dem Hamburger nichts mehr im Wege.

 

Im Schnellrestaurant suche ich mir meinem Hunger entsprechend einen der größten Hamburger aus, die hier alle nach Vulkanen benannt sind. Nach vielen Tagen mit Müsli, Energieriegeln und gefriergetrocknetem Essen ein wahrlicher Hochgenuss.

 

Den Rest des Tages verbringe ich mit Relaxen und einer Inventur meiner Lebensmittelvorräte. Bis auf einen Müsliriegel und zwei Abendessen habe ich alle Lebensmittel aufgebraucht. An sich keine schlechte Bilanz, doch ich war einen Tag weniger wie geplant unterwegs. Früh und tagsüber hätte es daher etwas knapp werden können, wenn ich die maximal einkalkulierte Reisedauer ausgeschöpft hätte.

 

Erschöpft und zufrieden falle ich heute ins Bett.


Mittwoch, 30. Juli 2014

Tag 7: Skógafoss > Reykjavík

Fahrt nach Reykjavík

Um 6 Uhr stehe ich erholt auf. Zum Frühstück gibt es heute Cornflakes und Skyr aus dem Gemeindezentrum. Ich packe mein Zelt zusammen und genieße die Ruhe auf dem Zeltplatz, während ich auf den Bus warte. Es ist sonnig und warm.

 

Um 8.15 Uhr kommt der Bus. Auf dem Weg nach Reykjavík werden einige Stopps eingelegt und Personen steigen zu. Am Seljalandsfoss steigt der junge Engländer zu. Er sieht mich jedoch nicht. So kann ich die Fahrt in Ruhe genießen, anders als sein Sitznachbar.

 

Um 11.45 Uhr erreichen wir den BSÍ-Terminal in Reykjavik. Die Zivilisation hat mich wieder. Hier werde ich mich einige Tagen erholen, bevor es mich in die Abgeschiedenheit des Westfjorde Islands verschlagen wird.


Epilog

Die Wanderung des Laugavegur und des Fimmvörðuháls war eine tolle Erfahrung. Es war ein großartiges Erlebnis durch die von Vulkanismus geprägte Landschaft zu wandern, die herrlichen Ausblicke auf die Gletscher zu genießen und viele kleine Abenteuer zu meistern.

 

Dies war meine erste Mehrtageswanderung, bei der ich sämtliche Ausrüstung und Lebensmittel selbst transportieren musste. Sicherlich gibt es noch Optimierungsbedarf, aber im Großen und Ganzen hat alles so funktioniert, wie ich es mir vorgestellt hatte.

 

Während der Wanderung habe ich ein unbeschreiblich schönes Gefühl von Freiheit genießen können. Es ist schon erstaunlich, wie wenig materielle Dinge man braucht, um zufrieden zu sein, und wie sehr man sich über kleine Dinge, wie eine warme Dusche, freuen kann.

 

Somit war die Wanderung auch eine tolle Selbsterfahrung. Ich hoffe, die gewonnen Erkenntnisse in meinen Alltag überführen zu können und dadurch insgesamt zufriedener und glücklicher zu werden.

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