Letzte Aktualisierung: 01.01.2014
Freitag, 12. Juli 2013
Im vergangenen Jahr habe ich meine Jungfernfahrt als Motorradreisender absolviert. Etwa vier Wochen lang war ich mit meiner KTM in Irland unterwegs. Während dieser Zeit habe ich neben den üblichen Urlaubseindrücken auch wertvolle Erfahrungen hinsichtlich Motorradreisen sammeln können. Meine Irlandreise war somit auch eine Art Generalprobe für meine Islandreise.
Island stand schon länger auf meiner Wunschliste. Nach dem Besuch von zwei Reisevorträgen Anfang Januar stand mein Reiseziel für 2013 endgültig fest. Und ich habe mit den Reisevorbereitungen begonnen.
Nach dem Kauf von Reiseführer und Landkarten habe ich den Reisezeitraum und die ungefähre Reisedauer festgelegt. Da ich nicht nur die Ringstraße entlang fahren, sondern auch im
Hochland unterwegs sein möchte, habe ich mich auf die Suche nach einem Reisepartner gemacht. Hierzu habe ich einen entsprechenden Aufruf in zwei Reiseforen und auf meiner Website
platziert. Die Resonanz war jedoch gering.
Dann ging auf einmal alles ganz schnell. Auf Anraten einiger Islandreisender habe ich bereits Ende Januar die Fähre gebucht, was die Suche nach einem Reisepartner natürlich nicht einfacher gemacht hat. Ich hätte wohl etwas eher mit den Reisevorbereitungen beginnen sollen.
In der Folgezeit habe ich mich mit der Routenplanung und den weiteren Vorbereitungen befasst. Als ich schon nicht mehr damit gerechnet hatte, bekomme ich eine Email von Daniel aus Göttingen.
Daniel hat sich vor kurzem eine KTM 640 LC4 Adventure gekauft, mit der er irgendwann durch Afrika fahren möchte, und sich nun spontan für eine Islandreise entschieden. Bei seinen Vorbereitungen ist er im Internet auf meinen Aufruf gestoßen.
Wir telefonieren ab und an miteinander und tauschen uns per Email über den Stand der Reisevorbereitungen aus. Da wir beide beruflich stark eingespannt sind, kommt es zu keinem Treffen. Da jedoch die Chemie zu stimmen scheint und wir ähnliche Reisevorstellungen und -ziele haben, ist ein Treffen aus unserer Sicht auch nicht unbedingt erforderlich.
Eine kleine Herausforderung gilt es im Vorfeld noch zu meistern - die Route. Daniel lässt seine KTM verschiffen. Das bedeutet, dass er seine Tour in Reykjavík (Westisland) beginnen wird. Ich werde jedoch von Seyðisfjörður (Ostisland) aus starten. Außerdem hat Daniel für Island nur zwei Wochen zur Verfügung, ich jedoch drei.
Glücklicherweise ist Island nicht ganz so groß. Wir vereinbaren als Treffpunkt einen Campingplatz südlich des Vatnajökull, der von uns beiden in einer Tagesetappe zu erreichen ist. Von dort aus wollen wir die Routenplanung flexibel gestalten. Ich bin gespannt, wie wir in diesem Punkt harmonieren werden.
Am Tag der Abreise bin ich sehr angespannt und aufgeregt, obwohl ich in meinen Augen rechtzeitig mit den Vorbereitungen begonnen habe und gut vorbereitet bin. Hinzu kommt, dass ich vom Feuerwehrdienst am Vorabend noch ziemlich kaputt bin. Personenrettung unter Atemschutz ist eine kräftezehrende Angelegenheit.
Ich hole mein Motorrad, packe meine Taschen und hake dabei die einzelnen Punkte auf meiner Packliste ab. Während des Packens stelle ich fest, dass ich wieder viel zu viel mit auf Reisen nehmen möchte. Die Packtasche lässt sich erst nach mehrmaligem Umpacken schließen und der Rucksack ist wieder einmal zu schwer. Doch alles, was ich mitnehmen möchte, erscheint mir notwendig.
Die Fähre zu den Färöern startet erst morgen. Ich muss jedoch spätestens 13 Uhr in Hirtshals sein. Da ich die über 400 km nicht in Eile auf der Autobahn abspulen möchte, habe ich mich dazu entschlossen, bereits heute loszufahren. Außerdem habe ich somit die Möglichkeit, zumindest einmal bei gutem Wetter Motorrad zu fahren und zu zelten. Wer weiß, wie das Wetter werden wird.
Gegen 14.30 Uhr breche ich auf. Bei herrlichem Wetter geht es über Bundes- und Landstraßen nach Dänemark. Mit jedem gefahrenen Kilometer sinkt die Anspannung und stellt sich langsam Urlaubsfeeling ein.
In Dänemark entschließe ich mich abends spontan für den Campingplatz in Nibe, der abseits von meiner eigentlichen Route liegt. Über wunderschöne Nebenstraßen durch das Hinterland Dänemarks gelange ich dorthin.
Auf dem Campingplatz bekomme ich einen Platz zugewiesen. Ich hoffe, dass ich auf den Färöer und auf Island den Aufstellort für mein Zelt frei wählen kann. Da ich nur wenig Erfahrung mit meinem Zelt habe, benötige ich die Anleitung. Ich hoffe, dass der Zeltaufbau in den nächsten Tagen leichter von der Hand gehen wird.
Nach einer Dusche genieße ich noch die tolle Abendstimmung am Limfjord und lege mich schlafen.
Fazit des ersten Tages: Ein wunderschöner Tag zum Motorrad fahren. Jedoch habe ich zwei Dinge vergessen mitzunehmen - Badelatschen zum Duschen und einen Tankrüssel für meine Reservekanister. Da hilft auch keine Packliste, wenn die Dinge nicht aufgelistet sind.
Samstag, 13. Juli 2013
Um 7 Uhr stehe ich auf. Ich habe gut geschlafen. Einmal bin ich nachts wach geworden, weil es sehr windig war. Die von Daniel empfohlene Schlafbrille hat sich gut bewährt.
Es dauert anderthalb Stunden bis ich abreisefertig bin. Ziemlich lange, wie ich finde. Die Packtasche bereitet wieder Probleme. Ich habe nocht nicht das optimale Packsystem gefunden.
Gegen 10:30 Uhr erreiche ich Hirtshals. Ich tanke, reinige mein Motorrad von Insektenresten, kaufe ein paar Lebensmittel ein und esse zu Mittag. Eine Stunde später bin ich am Terminal, natürlich wieder als einer der ersten. Doch lieber etwas zu früh als zu spät.
Ich genieße den strahlenden Sonnenschein und unterhalte mich mit anderen Motorradfahrern. Es geht um unsere Motorräder und um unsere Reisepläne.
Wenn ich sehe, mit wie wenig Gepäck manch andere unterwegs sind (und dass manchmal auch noch zu zweit auf einem Motorrad), frage ich mich, warum ich soviel dabei habe. Man scheint ja auch mit deutlich weniger auskommen zu können.
Schaue ich mir wiederum andere an, die im Vergleich zu mir fast die doppelte Gepäckmenge auf ihren großen Motorrädern verstaut haben, liege ich dann wohl doch nicht all zu falsch. Die Reise wird es zeigen.
Gegen 13:30 Uhr dürfen wir an Bord fahren. Das Sichern des Motorrades gestaltet sich etwas knifflig, da die Spanngurte keine Ratschen haben. Mit ein wenig Probieren finde ich eine für mich akzeptable Befestigung meiner KTM.
Von meiner Kabine bin ich positiv überrascht. Anstatt der gebuchten 4-Bett-Kabine habe ich eine Kabine mit Doppelbett für mich allein. Wie ich später feststelle, ist dies so üblich. Da die Fähre nach Erreichen der Färöer nicht weiter nach Island, sondern wieder zurück nach Dänemark fährt, sind vergleichsweise wenig Passagiere an Bord, was ein kostenloses Upgrade möglich macht.
Nach der Dusche stelle ich fest, dass ich meine Wanderschuhe in der Tasche auf dem Motorrad vergessen habe. Daher muss ich während der Fährfahrt mit meinen Motorradstiefeln vorlieb nehmen, die glücklicherweise bequem sind.
Den Rest des Tages verbringe an Deck, genieße die Sonne und den Wind, befasse mich mit der Routenplanung und stimme mich in der Sky Bar mit färöischem Bier und Hot Dogs auf die Färöer ein.
Sonntag, 14. Juli 2013
Ich habe schlecht geschlafen und fühle mich unwohl. Der Seegang scheint über Nacht stärker geworden zu sein, was meinem Magen nicht bekommt. Dies kenne ich bereits von meiner Irlandreise.
Ich habe keinen Appetit und verbringe fast den ganzen Tag im Bett, schlafe, schaue fern oder plane meine Route. Wie gut, dass ich eine Kabine für mich allein habe.
Zwei Stunden vor der geplanten Ankunft müssen die Passagiere gegen 20:30 Uhr die Kabinen verlassen, damit diese für die nächsten Passagiere gereinigt werden können. Denn nach einem kurzen Aufenthalt in Tórshavn fährt die Fähre direkt wieder nach Dänemark. Zeit ist Geld.
Während des Wartens auf dem Flur lerne ich den Finnen Jari kennen, der bereits eine Anfahrt von über 2000 Kilometer mit dem Motorrad hinter sich hat. An einem Tag ist er sogar 1200 Kilometer gefahren - für mich auf meiner KTM unvorstellbar.
Gegen 22:00 Uhr kommen die Färöer in Sichtweite. Die Aussicht, in Kürze wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, lassen mich die Strapazen der Fährfahrt vergessen.
Den ganzen Tag über war es bedeckt und Regenschauer gab es auch. Doch nun reißt der Himmel stellenweise auf und blauer Himmel kommt zum Vorschein. Was für ein magischer Moment. Meine Stimmung bessert sich schlagartig und die Vorfreude steigt ins Unermessliche. Die Färöer haben jetzt schon gewonnen!
Kurz nach 22:45 Uhr fahre ich von der Fähre runter. Der nur wenige Kilometer entfernte, kleine Campingplatz ist erster Anlaufpunkt vieler Camper. Dementsprechend herrscht reger Betrieb.
Der Platz liegt direkt am Meer, aber auch an einer viel befahrenen Straße. Doch das stört mich nicht. Endlich habe ich wieder festen Boden unter den Füßen. Und es regnet nicht.
Der Zeltaufbau geht schon etwas flüssiger von der Hand. Die Anleitung benötige ich nicht mehr. Anschließend mache ich noch einen kurzen Spaziergang und lege mich dann schlafen. Ich freue mich auf die nächsten zweieinhalb Tage, in denen ich die Färöer mit dem Motorrad erkunden möchte.
Montag, 15. Juli 2013
Mein erstes Ziel ist der kleine Ort Tjørnuvík, von dem aus man einen guten Blick auf Risin und Kellingin - das bekannteste Naturdenkmal der Färöer - haben soll. Die beiden Basaltsäulen, die sich vor der Nordküste aus dem Meer erheben, wirken von hier aus sehr klein, sollen aber jeweils etwa 80 m hoch sein. Der Sage nach sind dies ein Riese und sein Trollweib, die beim Versuch, die Färöer nach Island zu entführen, versteinert worden sind.
Meine Reise führt mich weiter nach Norden. Die kleine Straße von Eiði nach Funningur ist eine Panorama-Strecke mit vielen Ausblicken. Auch von hier lassen sich die Felsen Risin und Kellingin bestaunen.
Am östlichen Ende der Passstraße liegt in idyllischer Lage der Ort Gjógv. Auf meinem Weg zu den Nordinseln passiere ich die Orte Funningur, Elduvík und Oyndarfjørður, die zum Verweilen einladen.
Viele kleine Dörfer kämpfen auf den Färöern ums Überleben. Die Menschen zieht es in größere Dörfer und in Städte. Viele Häuser verfallen allmählich oder werden bestenfalls noch als Wochenenddomizil genutzt.
Doch in einigen Orten wird mittlerweile wieder gebaut. Insbesondere junge Familien zieht es zurück aufs Land.
In Oyndarfjørður können die "Rocking Stones" bewundert werden - zwei große Felsbrocken, die so fein ausbalanciert sind, dass sie durch Wellen in Bewegung versetzt werden können und daher mit Ketten gesichert werden müssen.
Ich habe jedoch Pech. Das Meer ist so ruhig, dass ich keinerlei Bewegung der Felsen erkennen kann.
Bevor ich in Klaksvík mein Zelt aufschlage, möchte ich noch die Nordinseln Kunoy, Borðoy und Viðoy mit dem Motorrad erkunden. Das gute Wetter will schließlich genutzt werden.
Highlight sind für mich die einspurigen, unbeleuchteten Tunnel mit Buchten zum Ausweichen. Die Tunnel sollen nicht nur die Inseln miteinander verbinden, sondern auch kleine Dörfer vor der Entvölkerung bewahren.
Sobald man in einen Tunnel einfährt, ist es stockdunkel. Nur das Licht am Ende des Tunnels ist erkennbar.
Außerdem kommt in den engen Tunneln der Klang meiner KTM wunderbar zur Geltung. Insbesondere beim starken Beschleunigen am Tunnelausgang habe ich das Gefühl, als säße ich auf einer Kanonenkugel. Spaß pur!
In Klaksvík stelle ich am Campingplatz fest, dass die Bezahlung und Übergabe des Schlüssels in der Touristeninformation bis 17 Uhr hätte erfolgen müssen. Vor der Touristeninformation treffe ich auf den Finnen Jari mit seiner BMW R 1200 GS, den ich auf der Fähre kennen gelernt habe und der vor dem gleichen Problem wie ich zu stehen scheint. Da der nächste Campingplatz zu weit weg ist, entschließen wir uns für ein Doppelzimmer in einem Hotel.
Jari ist Feuerwehrmann und hat wie ich eine eigene Website. So ergibt sich reichlich Gesprächsstoff.
Faszinierend finde ich, das Jari im Winter seine Honda-Enduro in ein Schneemobil umbauen kann. In Lappland liegt lange und viel Schnee. Da muss man sich etwas einfallen lassen, um sein Hobby auch im Winter nachgehen zu können.
Der erste Tag auf den Färöern war ein voller Erfolg. Auf kleinen, kurvigen und hügligen Straßen ging es durch Täler und kleine Dörfer sowie an Fjorden und engen Meeresstraßen vorbei - genau das richtige Terrain für meine KTM und mich.
Es war fast durchgehend bewölkt, ab und an hat es genieselt, vereinzelt schien kurz die Sonne. Dies kann durchaus als "gutes Wetter" auf den Färöern bezeichnet werden.
Dienstag, 16. Juli 2013
Eigentlich war für Vormittag schlechtes Wetter vorhergesagt. Als wir gegen 7 Uhr wach werden, ist davon jedoch nichts zu sehen. Nach einem ordentlichen Frühstück mit reichlich Appetit brechen wir auf.
Hier trennen sich die Wege von Jari und mir. Ich fahre wieder nach Süden. Jari möchte sich zunächst die Nordinseln anschauen.
Auf dem Weg in den Osten Eysturoys wird das Wetter schlechter. Die Wolken hängen so tief, dass von den Windkraftanlagen bei Æðuvík nichts zu sehen ist. Ich höre nur das Rauschen der Rotorblätter im Wind.
Auf dem Weg nach Selatrað bin ich kurz davor, umzukehren. Doch in der engen Meeresstraße Sundini herrscht besseres Wetter, sodass ich doch etwas Zeit in Selatrað verbringen kann.
Gegen Mittag erreiche ich das Dorf Saksun, den für mich schönsten Flecken Erde auf den Färöern. Saksun liegt in einem grünen Tal an einer Bucht mit tollem Sandstrand. Grasbedeckte Häuser, eine Kirche und von den Berghängen rauscht das Wasser - einfach traumhaft.
Wie ich später feststelle, ist Saksun ein beliebtes Postkartenmotiv - und das vollkommen zurecht.
In Saksun verbringe ich knapp zwei Stunden, gehe am Strand spazieren und lasse die Landschaft auf mich wirken. Da gerade Ebbe ist, kann ich auf einer Sandbank entlangspazieren. Dabei bieten sich mir tolle Ausblicke in das Tal.
Und als wäre das noch nicht genug, scheint für kurze Zeit die Sonne. Da ich nicht weiß, wie lange das Wetter halten wird, schwinge ich mich auf mein Motorrad.
Auf dem Weg nach Vestmanna wird das Wetter deutlich schlechter. Es beginnt zu nieseln. Plötzlich fahre ich durch Wolken, die Sicht ist sehr schlecht.
An einer Tankstelle warte ich knapp eine Stunde aussichtslos auf besseres Wetter. So fahre ich weiter nach Vestmanna, in der Hoffnung, dass das Wetter hinter der nächsten Kurve besser ist.
Doch ich werde enttäuscht. Die Sicht wird immer schlechter und nun regnet es auch noch. Als Orientierung dient mir lediglich die Markierung am rechten Fahrbahnrand sowie das Rücklicht des vor mir fahrenden Autos.
Völlig durchnässt und ausgekühlt erreiche ich Vestmanna und steuere die Tankstelle am Ortseingang an. Hier verbringe ich die nächsten zwei Stunden mit Warten.
Direkt gegenüber liegt ein Campingplatz. Doch Zelten erscheint mir bei diesem Wetter wenig attraktiv. In Sandavágur besteht die Hoffnung auf ein günstiges, warmes Zimmer. Daher geht es den gleichen Weg mit der gleichen schlechten Aussicht wieder zurück.
Die Straße an sich ist fantastisch. Ich nehme mir vor, bei gutem Wetter noch einmal nach Vestmanna zu fahren.
In Sandavágur treffe ich wieder auf Jari. Auf dem kleinen Campingplatz quartieren wir uns in einem Doppelzimmer ein. Mittlerweile weht ein ordentlicher Wind.
Den Abend verbringen wir mit Gesprächen und schauen uns den Film "Pretty Woman" an - leider der einzig empfangbare, englischsprachige Film.
Das Wetter am zweiten Tag hat mir zu schaffen gemacht. Es ist frustrierend, an einer Tankstelle vergeblich auf besseres Wetter zu warten. Aufgrund des Besuchs des Ortes Saksun hat sich der Tag dennoch gelohnt.