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Motorradreise Norwegen: Reisebericht Teil 1

Dienstag, 27. Juni 2017

Tag 1: Rendsburg > Kiel > Fähre nach Oslo (45 km)

Anreise nach Kiel

Beinahe wäre mein Urlaub vorbei gewesen, bevor er überhaupt angefangen hat. Denn am 18. Juni 2017 ist mir ein Auto hinten ins Motorrad gefahren, als ich auf einer Landstraße gehalten hatte, um vor dem Linksabbiegen den Gegenverkehr durchzulassen. Dabei hatte ich mehr als einen Schutzengel an Bord.

 

Die Autofahrerin hatte mich zum Glück nicht komplett übersehen und noch eine Vollbremsung eingeleitet, sodass die Aufprallgeschwindigkeit nicht mehr hoch gewesen ist. Es hat jedoch gereicht, um mich vom Motorrad und meine KTM rechts in den Straßengraben zu befördern. Zum Glück ist mir nichts schlimmes passiert und meine KTM ist nicht in den Gegenverkehr gestoßen worden.

 

Da ich bereits meine Alukoffer samt Reservekanister montiert hatte, wurde der Aufprall überwiegend durch die Anbauteile aufgenommen. Reifen und Hinterradschwinge sind ohne Schaden davongekommen. Moto Service Knabe in Büdelsdorf hat meine KTM nach dem Unfall durchgecheckt und dies bestätigt. Bis auf ein paar Kratzer am rechten Spiegel und rechtem Handprotektor hat mein Motorrad nichts abbekommen.

 

Die Halter der Benzinkanister waren verbogen. Diese habe ich selbst grob gerichtet. Die Alukoffer sind durch den Unfall etwas verformt. Der rechte Koffer weist zahlreiche Kratzspuren auf. Der rechte Koffer ließ sich ohne weitere Hilfsmittel auch nicht mehr fest an der KTM montieren. Mit Hartgummi zwischen Rahmen und den Aufnahmen am Koffer habe ich eine wackelfreie Verbindung realisieren können.

 

Bei dem Unfall habe ich einige blaue Flecken und ein leichtes Schädeltrauma davon getragen. Daher habe ich den Urlaub um einige Tage verschieben müssen, bis die Beschwerden abgeklungen waren und Motorradfahren wieder nahezu ohne Schmerzen möglich war.

 

Vor der Abreise steht am Morgen noch ein Termin bei der Krankengymnastik an. Direkt im Anschluss geht es mit dem Motorrad nach Kiel zum Fährterminal. Das Motorradfahren macht keinen Spaß, da die Angst noch mitfährt. Jedes Auto, das zu dicht auffährt oder sich zu schnell einer Kreuzung nähert, sorgt für reichlich Unbehagen. Außerdem habe ich Zweifel, ob meine KTM nicht doch größeren Schaden genommen haben könnte. Ich hoffe, dass dieses Gefühl in den nächsten Tagen verschwindet und ich meinen Urlaub unbeschwert genießen kann.

Fährfahrt nach Oslo

Am Fährterminal läuft alles reibungslos. Um kurz nach 14 Uhr stechen wir in See. Da das Wetter gut ist, genieße ich an Deck die Aussicht auf Kiel, die Kieler Förde, die Schleuse zum Nord-Ostsee-Kanal und die Ostsee. Am frühen Abend fahren wir unter der Storebælt-Brücke durch, die über den Großen Belt führt - ein beeindruckendes Bauwerk.

 

Ich kann mein Glück immer noch nicht fassen. Bei dem Unfall hatte ich wohl mehr als einen Schutzengel dabei. Ich hoffe, dass diese mich auch durch Norwegen begleiten werden.


Mittwoch, 28. Juni 2017

Tag 2: Fähre > Oslo > Øvre Eidfjord (312 km)

Ankunft in Norwegen

Am frühen Morgen bin ich bereits wieder an Deck und genieße die Fahrt durch den Oslofjord. Das Wetter ist gut und ich freue mich auf die ersten Kilometer in Norwegen.

 

Wir kommen planmäßig in Oslo an. Von der Fähre geht es etwas überraschend direkt auf die Autobahn E18. Es herrscht reger Verkehr und einige Kilometer weiter geht es nur noch stockend voran. Nach dem ich Oslo auf der E16 hinter mir gelassen habe, wird der Verkehr weniger und die Landschaft schöner.

Landschaftsroute Hardangervidda

Über die Straße 7 geht es weiter Richtung Eidfjord. Hinter Geilo startet die 67 km lange Landschaftsroute Hardangervidda. Diese verläuft über Nordeuropas größte Hochebene. Die Landschaft ist einfach fantastisch: schneebedeckte Berge, viele Seen und unzählige Kurven. Hier macht Motorradfahren wieder Spaß!

 

Die Landschaftsroute führt auch an den Wasserfällen Vøringsfossen vorbei. Sie stürzen am Rand des Plateaus teils 145 m tief in die Schlucht. Den besten Blick bieten der Aussichtspunkt beim Fossli Hotel sowie eine Reihe weiterer Aussichtspunkte, die von der Vøringsfossen-Cafeteria zu erreichen sind.

 

Hinter der Cafeteria folgt ein spektakulärer Tunnel. Schraubenförmig geht es in zwei Kreisen nach unten ins Tal. Wenig später erreiche Øvre Eidfjord, wo ich mein Zelt aufschlage.

Øvre Eidfjord

Der Campingplatz liegt am See Eidfjordvatnet und ist von Bergen eingerahmt. Ich lasse es ruhig angehen, genieße die Aussicht auf den See und erkunde bei einem Spaziergang den kleinen Ort.


Donnerstag, 29. Juni 2017

Tag 3: Øvre Eidfjord > Odda (129 km)

Eidfjord und Umgebung

Am Vormittag erkunde ich mit dem Motorrad die nähere Umgebung. Von Øvre Eidfjord führt eine schmale Straße nach Süden an Hjølmo vorbei auf das Hardangervidda-Plateau hinauf. In über 20 engen und unasphaltierten Spitzkehren geht es mehrere hundert Meter bergauf. Die Piste führt an einem rauschen Fluss vorbei.

 

Mittlerweile hat sich Dauernieselregen eingestellt. Daher entschließe ich mich zu einem Besuch des Hardangervidda Naturcenters. In der nett gemachten Ausstellung erfahre ich viel über die Flora und Fauna sowie über die Geschichte des Hardangervidda Nationalparks.

 

Gegen Mittag ist das Wetter wieder etwas besser. Daher statte ich dem abgeschiedenen Gehöft Kjeåsen einen Besuch ab. Von dort hat meinen einen fantastischen Blick auf den Eidfjord. Seit 1975 führt ein einspuriger Tunnel zum Hof. Dieser ist alle 30 Minuten wechselnd für den Verkehr bergauf bzw. bergab geöffnet.

 

Ich stelle jedoch fest, dass sich nicht jeder daran hält. Auf meiner Fahrt zurück ins Tal kommt mir im dunklen Tunnel ein Auto entgegen. Der Tunnel ist glücklicherweise so breit, dass wir noch einander passieren können. 

 

Um 14 Uhr bin ich für eine Kajaktour mit FlatEarth verabredet. Aufgrund des Windes war nicht klar, ob die Tour stattfinden kann. Die Guides Frederik und Björn haben nun jedoch grünes Licht gegeben. Aufgrund des Windes halten wir uns jedoch überwiegend im Schutz des Ufers auf. 

 

Gegen Ende dreht der Wind plötzlich und nimmt an Stärke zu. Wir haben nun mit reichlich Gegenwind zu kämpfen. Erschöpft, aber zufrieden kommen wir nach etwa drei Stunden wieder in Eidfjord an.

Landschaftsroute Hardanger und Odda

Nach einer Stärkung geht es am Abend über die Landschaftsroute Hardanger nach Odda. Die Straße 13 führt direkt am Hardangerfjord entlang und bietet tolle Ausblicke auf den Fjord. Die Straße ist stellenweise sehr schmal. Hinzu kommen zahlreiche Baustellen, sodass es nur langsam vorangeht.

 

Als ich den kleinen Campingplatz in Odda erreiche, ist dieser bereits gut belegt. Ich finde einen akzeptablen Platz für mein Zelt und lasse anschließend den Tag Revue passieren.


Freitag, 30. Juni 2017

Tag 4: Odda (15 km)

Gletscherwanderung auf dem Buarbreen

Heute geht es mit FlatEarth und den Guides Frederik und Björn auf eine Tagestour zum Buarbreen Gletscher. Treffpunkt ist der Campingplatz um kurz nach acht. Anschließend fahren wir zum Parkplatz in der Nähe des Gletschers. Dort erhalten wir einen Rucksack mit unserer Ausrüstung. 

 

Nachdem wir unsere Rucksäcke gepackt haben, wandern wir bei strahlendem Sonnenschein durch das wunderschöne Buer-Tal. Der Weg führt einen Fluss entlang, der donnernd ins Tal rauscht. Zunächst geht es durch einen kleinen Wald, anschließend durch offenes Gelände. Der Weg ist stellenweise anspruchsvoll. Seile dienen an den schwierigsten Passagen der Unterstützung.

 

Schließlich erreichen wir den Gletscherfluss, an dem für Wanderer normalerweise Schluss ist. Wir werden jedoch den Fluss mit Hilfe einer Seilrutsche überqueren. Es sind zwei Drahtseile über den Fluss gespannt. Nachdem die Guides die Seilrutsche aufgebaut haben, geht es nacheinander abenteuerlich über den Fluss. Sich in die Rutsche fallen zu lassen, kostet etwas Überwindung.

Wenig später legen wir die Steigeisen an. Nach einer kurzen Einweisung in die Steigtechnik geht es in Serpentinen die Gletscherzunge hinauf. Die Teilnehmer sind untereinander mit einem Seil gesichert, das möglichst straff gehalten werden soll. Dadurch ist die Bewegungsfreiheit eingeschränkt und es bleibt am Anfang nur wenig Zeit für Fotos.

 

Die Aussicht auf den Gletscher ist einfach fantastisch. Wir laufen über kleinere Spalten hinweg und bestaunen die zahlreichen Formen und Farben des Eises. Zwischendurch können wir einige kleine Abbrüche an der Gletscherwand beobachten.

 

Bei einer größeren Gletscherspalte haben wir die Möglichkeit, in die Spalte hinabzusteigen. Ich bin so auf die Bewegungsabläufe konzentriert, dass ich dabei fast vergesse, den Ausblick in die Spalte zu genießen.

 

Wir verbringen etwa 2,5 Stunden auf dem Eis, bevor es anschließend den gleichen Weg wieder zurück geht. Gegen 16:30 Uhr erreichen wir den Parkplatz. Damit geht eine tolle Tagestour zu Ende.


Samstag, 1. Juli 2017

Tag 5: Odda > Gjerde (371 km)

Landschaftsroute Aurlandsfjellet (Snøvegen)

Heute soll es über die Landschaftsroute Aurlandsfjellet in den Jostedalsbreen Nationalpark gehen. Die Straße wird auch als Schneestraße bezeichnet. Ich bin gespannt, wie viel Schnee noch liegt und ob es noch die berühmten Schneewände zu sehen gibt.

 

Ich starte sehr früh, um unterwegs ausreichend Zeit für Stopps zu haben. Zunächst folge ich den Straßen 13 und E16 nach Norden. Hinter Flåm kommt schließlich der lang ersehnte Abzweig zur Landschaftsroute Aurlandsfjellet.

 

In Serpentinen geht es den Berg hinauf. Auf der schmalen Straße herrscht viel Verkehr. Wenn ein Wohnmobil entgegenkommt, wird es für Autos eng. Unterwegs treffe ich auf ein Auto, dass mit den Reifen von der Straße abgekommen ist, als es einem Wohnmobil Platz machen wollte. Der Unterboden setzt bereits auf. Doch der Fahrer schafft es, das Auto wieder auf die Straße zu bekommen. Nun muss ich jedoch rückwärts die Straße bis zur nächsten Bucht runterrollen, damit das Wohnmobil passieren kann und wir die Fahrt fortsetzen können.

 

Unterwegs gibt es einige Aussichtspunkte mit tollen Ausblicken auf den Fjord. Die Parkplätze sind jedoch begrenzt und es ist überfüllt, so dass ich schnell einige Fotos mache und weiterfahre. 

Weiter oben auf der Landschaftroute herrscht nur noch wenig Verkehr. Auch wenn es keine Schneewände zu sehen gibt, ist die Landschaft sehr sehenswert. Die Strecke ist kurvig und hügelig und führt an Schneefeldern und Seen vorbei. Ich mache zahlreiche Fotostopps und lasse die Landschaft auf mich wirken.

Bevor ich nach einem Stopp meinen Helm anziehe, lege ich meine Brille auf der Reisetasche ab. Vor zwei Tagen hatte ich schon einmal vergessen, die Brille aufzusetzen. Erst nach einigen Kilometern habe ich dies bemerkt. Trotz vieler Kurven lag die Brille noch auf der Gepäcktasche. Heute habe ich jedoch weniger Glück.

 

Am Ende der Landschaftsroute geht es in Serpentinen wieder ins Tal zurück. Diesmal dauert es länger, bis mir auffällt, dass meine Brille fehlt. Da sie nicht mehr auf der Reisetasche liegt, muss ich einige Kilometer zurückfahren. Ich bin wütend über meine Unachtsamkeit und rechne fest damit, die Brille irgendwo in Einzelteilen auf der Straße zu finden. Doch ich habe Glück. Sie liegt unbeschädigt am Punkt meines letzten Halts. Sie muss bereits beim Losfahren runtergefallen sein. Erleichtert setze ich meine Reise fort.

Nigardsbreen Gletscher

Am frühen Nachmittag erreiche ich den Campingplatz in Gjerde im Herzen des Jostedalen. Nachdem ich mein Zelt aufgebaut habe, fahre ich zum Nigardsbreen Gletscher. Dort wechsle ich meine Kleidung. In Wanderkleidung breche ich zum Gletscher auf. Die Motorradbekleidung ist in der Gepäcktasche verstaut.

 

Der Nigardsbreen ist der eindrucksvollste und am leichtesten zu erreichende Gletscher auf dieser Seite des Nationalparks. Der Weg führt am Gletschersee entlang durch einen kleinen Wald und bietet einige tolle Ausblick auf die Gletscherzunge. Alternativ besteht auch die Möglichkeit, mit dem Boot bis an den Fuß des Gletschers zu fahren.

Stausee Styggevatnet

Nach der Wanderung entscheide ich mich spontan für eine Fahrt zum Stausee Styggevatnet. Ein Schild warnt vor dem schlechten Zustand der Straße. Die Straße ist jedoch in Ordnung und lässt sich gut fahren. Die Fahrt durch das Tal ist sehenswert und am Fuße des Stausees ist die schmale Straße von meterhohen Schneewänden umgeben.

 

Unterwegs blockiert eine Kuh die Straße, die an einem Anhänger angebunden ist. Im Anhänger befindet sich ein Kalb. Weit und breit ist kein Mensch zu sehen. Daher streichle ich kurz die Kuh, rede ihr gut zu und schiebe anschließend mein Motorrad vorsichtig vorbei. Als ich meine KTM wieder starte und losfahre, kommen die Besitzer angelaufen. Durch den rauschenden Fluss haben sie mich scheinbar erst jetzt gehört.

 

Am Stausee genieße ich die Aussicht und die Stille. Ein schöner Abschluss des heutigen Tages.


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