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Motorradreise Chile: Reisebericht Teil 1 - Ankunft in Chile, Valparaíso und Viña del Mar

Im Winter 2019/2020 war ich zwölf Wochen mit dem Motorrad in Argentinien und Chile unterwegs. Dies ist der erste von siebzehn Reiseberichten. Nach der Ankunft in Chile, der Abholung meines Motorrades und der Besichtigung der Städte Valparaíso und Viña del Mar geht es über den Paso Los Libertadores bzw. Paso de la Cumbre nach Argentinien.


Samstag, 30. November 2019, bis Sonntag, 1. Dezember 2019

Tag 1-2: Anreise

Anreise nach Santiago de Chile

Die Anreise nach Santiago de Chile verlief reibungslos. Von Hamburg ging es am Nachmittag nach London und von dort am späten Abend per Nachtflug nach Santiago de Chile. Die Nacht war jedoch etwas unruhig. Ich saß am Gang und wurde hin und wieder angerempelt. Außerdem musste meine Sitznachbarin nachts zweimal zur Toilette.

 

So stehe ich nun am Sonntagmorgen um 9:30 Uhr müde im Flughafen von Santiago in einer langen Schlange und warte auf die Einreisekontrolle. Im Anschluss kann ich mein Gepäck abholen und dann geht es auch schon durch die Gepäckkontrolle. Letztendlich bin ich schneller aus dem Flughafen als die lange Schlange befürchten ließ.

 

Mit dem Bus soll es nach Valparaíso gehen. Hierfür muss ich zunächst vom Flughafen zu einem Busterminal in der Stadt. Im Vorfeld hatte ich mir die Verbindung mit TurBus rausgesucht. Doch leider ist deren Schalter momentan nicht besetzt. Ohne Ticket kann ich nicht in den Bus.

 

Zum Glück gibt es mit Centropuerto einen zweiten Anbieter am Flughafen. Dieser fährt jedoch die Haltestellen in einer etwas anderen Reihenfolge ab. Außerdem gibt es keine Anzeige im Bus und die Durchsagen des Busfahrers sind hinten nicht zu verstehen. So frage ich andere Passagiere bei jedem  Stopp, ob dies der Terminal Alameda ist. Als es schließlich soweit ist, macht der Busfahrer die Tür hinten nicht auf, sondern lässt nur vorn einige Leute aussteigen und fährt dann weiter. Ich schreie laut "Stopp" und laufe nach vorn. Einige hundert Meter weiter lässt er mich dann raus.

 

Im Terminal möchte ich mir nun ein Ticket nach Valparaíso kaufen. Am Automaten funktioniert die Bezahlung nicht. So gehe ich schließlich zum Schalter. Vor meinen Spanisch Grundkenntnissen scheinen aufgrund meiner Müdigkeit nur noch Bruchstücke vorhanden zu sein. Mit Händen und Füßen klappt es dann doch irgendwie.

 

Bis zur Abfahrt habe ich nur noch wenige Minuten. In meiner Eile schaue ich nur nach der Nummer des Bussteigs. Eine Straßenverkäuferin sieht mein Ticket in der Hand und weist mich freundlich darauf hin, dass ich auf dem Weg zum falschen Busanbieter bin. Also laufe ich zurück und erwische gerade noch den Bus.

Anreise nach Valparaíso

Die Busfahrt ist unspektakulär. Unterwegs werden einige Stopps eingelegt. Leute steigen aus, andere hinzu. Anzeigen oder Ansagen gibt es wieder nicht. Da der Busbahnhof in Valparaíso die Endstation sein wird, stört es mich nicht. Ankunft ist schließlich gegen 13:00 Uhr. 

 

In Valparaíso kaufe ich mir ein Ticket nach San Antonio für den morgigen Tag. Denn dort möchte ich mein Motorrad abholen, dass sich bereits vor vielen Wochen per Containerschiff auf den Weg von Hamburg nach Chile gemacht hat. Der Ticketkauf läuft diesmal etwas besser. Mein Spanisch scheint langsam wieder zurückzukommen.

 

Die nächste "Herausforderung" ist die Taxifahrt zum Hotel. Meine Sorgen, über den Tisch gezogen zu werden, sind völlig unbegründet. Die offiziellen Taxis haben alle einen Taximeter und mein Taxifahrer ist sehr freundlich. Um 14:00 Uhr komme ich im Ibis Hotel an.


Sonntag, 1. Dezember 2019

Tag 2: Valparíso

Stadtbesichtigung Valparaíso

Nachdem ich geduscht und mich im Hotelzimmer eingerichtet habe, möchte ich die Stadt zu Fuß erkunden. Valparaíso ist für seine Straßenkunst bekannt und wurde auf vielen Hügeln errichtet. So schlendere ich durch die steilen gepflasterten Straßen der Cerros Concepción und Alegre, die von traditionellen Häusern aus dem 19. Jahrhundert gesäumt sind. Viele Hausfassaden sind bunt bemalt. Zahlreiche Cafés, Restaurants und Ateliers laden zum Verweilen ein.

Es ist ein schöner Nachmittag. Die Sonne scheint und es ist angenehm warm. Die Hügel bieten auch tolle Ausblicke auf das Meer und die umliegenden Hügel. Im Restaurant "Paparazzo" probiere ich die chilenische Küche und lasse mir das erste chilenisches Bier auf dieser Reise schmecken. 

 

Im Anschluss schaue ich mir den Hafen und die Plaza Sotomayor an. Dort werde ich aus großer Entfernung Zeuge, wie eine junge Frau von einem rückwärts fahrenden Pick-up umgestoßen wird. Viele Leute in der Nähe schreien sofort laut auf. So können sie verhindern, dass die Frau vom Hinterreifen überrollt wird, denn der Fahrer hat den Zusammenstoß wohl nicht bemerkt. Dennoch ist es noch zu einer Berührung mit dem Hinterreifen gekommen. Die junge Frau weint und schreit vor Schmerzen.

 

Schnell bildet sich eine Menschentraube. Viele Menschen schimpfen auf den Fahrer ein, doch der bleibt erstaunlich ruhig. Eine Passantin kümmert sich rührend um die junge Frau, während andere den Rettungsdienst informieren. Da ich nicht wirklich helfen kann und die Frau gut versorgt ist, gehe ich weiter.


Montag, 2. Dezember 2019

Tag 3: Abholung des Motorrades in San Antonio (99 km)

Abholung des Motorrades in San Antonio

Heute steht die Abholung meines Motorrades aus San Antonio an. Ich bin daher etwas angespannt. Es ist das erste Mal, dass ich mein Motorrad verschifft habe. Ich hoffe, dass beim Transport alles gut gegangen ist und es keine Probleme mit dem Zoll geben wird.

 

Mit dem Taxi geht es um kurz nach 6:00 Uhr vom Hotel zum Busbahnhof und von dort mit dem Bus nach San Antonio. Der Treffpunkt mit Ronny Tesch, dem deutschsprachigen Ansprechpartner vor Ort, liegt in der Nähe des Busbahnhofes beim alten Zollamt. Doch ich muss nach dem Weg fragen. Die Adresse sagt dem angesprochenen Mann nichts. Ich zeige ihm ein Foto des Gebäudes, anhand dessen er mir schließlich die Richtung zeigen kann.

 

Gegen 9:00 Uhr komme ich am vereinbarten Treffpunkt an. Mit vier anderen Reisenden geht es zum neuen Zollamt. Nachdem dort in etwa 45 Minuten die ersten Formalitäten erledigt sind, fahren wir zu den Motorrädern außerhalb der Stadt. Wir müssen dort noch etwas auf den Zoll warten, bevor wir zu den Motorrädern dürfen. 

 

In der Halle stehen sehr viele Motorräder, die auf die Abholung ihrer Besitzer warten. Jeder sucht sein Motorrad, schiebt es auf eine freie Fläche und bereitet die Taschen und Koffer für die Zollinspektion vor. In der Zwischenzeit klemmen wir die Batterien an. 

 

Beim Verladen meines Motorrades in einen Transporter hatte der Spediteur in Deutschland festgestellt, dass mein Lenker locker ist. Aus Zeitgründen konnten wir dies nicht beheben. Der Spediteur wollte weiter und mein Werkzeug war in den Taschen verstaut.

 

Ich hatte eine Lenkererhöhung angebaut, die bisher ohne Auffälligkeiten ihren Dienst verrichtet hatte. Daher vermutete ich, dass sich die Schrauben gelöst haben könnten. Doch eine Überprüfung in Chile ergibt, dass die Schrauben bombenfest sitzen. Der Lenker ist auf Gummielementen gelagert. Die Lenkerbewegung scheint über diese Elemente zu erfolgen. Doch die Weite der Bewegung erscheint mir zu groß zu sein. Ich möchte dies weiter beobachten.

 

Die Prüfung durch den Zoll läuft entspannt ab. Es wird die Fahrgestellnummer kontrolliert und ein grober Blick in die Taschen und Koffer geworfen. Ronny erläutert deren Inhalt, so dass auf eine Detailprüfung verzichtet wird. Gegen 12:30 Uhr ist alles erledigt. Laut Ronny ging es heute etwas schneller als sonst.

Chile - San Antonio - Abholung meines Motorades

Gegen 13:00 Uhr verabschiede ich mich von den anderen Reisenden. Ich bin der einzige, der nach Valparíso zurückfahren wird. Die anderen wollen heute noch viele Kilometer machen. Die einen fahren nach Norden, die anderen nach Süden.

 

Die nächst gelegene Tankstelle auf dem Weg nach Valparaíso liegt in Cartagena. Dort lege ich einen Tankstopp ein und esse zu Mittag. Ich bin scheinbar gerade noch rechtzeitig gekommen. Denn kurze Zeit später ist es nicht mehr möglich zu tanken. Ich vermute, dass die Tankstelle eine Siesta macht.

Valparaíso

Gegen 15:00 Uhr bin ich wieder im Hotel. Dort treffe ich auf Tobias, der sein Motorrad morgen in Empfang nehmen wird. Wir treffen uns später in der Lobby und tauschen uns über unsere Pläne aus. Tobias war schon einige Male in Südamerika unterwegs. Diesmal soll es nach Peru und Bolivien gehen. Er warnt mich vor den heftigen Seitenwinden, die insbesondere im Süden auftreten können.

 

Am Abend fahre ich mit einem Aufzug (Ascencor) auf den Cerro Artillería und genieße die Aussicht über die Stadt. Über die Plaza Matriz laufe ich zum Cerro Allegre und lasse mir im "Casa Alegre" ein weiteres Fischgericht schmecken.


Dienstag, 3. Dezember 2019

Tag 4: Valparaíso und Viña del Mar

Erledigungen in Valparaíso

Den Zusatztag in Valparaíso möchte ich für einige Erledigungen nutzen. Ich möchte mir eine lokale SIM-Karte und eine Gaskartusche für meinen Campingkocher kaufen. Doch dies ist schwieriger als gedacht.

 

Direkt unter dem Hotel gibt es ein kleines Einkaufszentrum. Es stellt sich heraus, dass die Mobilfunkanbieter keine Prepaid SIM-Karten verkaufen. Diese erhält man in kleineren Geschäften, die Zubehör für Handys und Computer verkaufen. Hier werde ich schließlich fündig. 

 

Mit Google Maps hatte ich einige Outdoorshops in der Nähe herausgesucht. Doch diese sind nicht auffindbar. Die Einkaufsstraße ist sehr unübersichtlich. Die Fronten der Geschäfte sind sehr klein. Es reiht sich Geschäft an Geschäft und es gibt kaum Hausnummern. Mehrmals laufe ich die Straße ab und finde kein passendes Geschäft. Genervt gebe ich schließlich auf.

Stadtbesichtigung Viña del Mar

Direkt an Valparaíso grenzt der Badeort Viña del Mar, den ich mir am frühen Nachmittag anschaue. Mit der Metro ist er leicht zu erreichen. Im Vergleich zu Valparaíso scheint es hier weniger chaotisch und etwas sauberer zu sein. Von Palmen gesäumte Boulevards, viele Parks und ein weitläufiger, öffentlicher Strand bilden einen angenehmen Kontrast zu Valparaíso.

 

Den Abend verbringe ich mit der Vorbereitung meiner Abreise. Ich packe die Taschen, bereite das Motorrad vor und plane die Route für den morgigen Tag. Meine Vorfreude steigt.


Mittwoch, 4. Dezember 2019

Tag 5: Fahrt nach Argentinien (304 km)

Fahrt nach Argentinien

Während der Vorbereitung in Deutschland habe ich nicht testen können, ob sich das gesamte Gepäck am Motorrad verstauen lässt. Das rächt sich nun, denn ich habe scheinbar zuviel eingepackt. So ein Mist!

 

Die Abholung des Motorrades erfolgte früher als geplant. Eigentlich sollte der Termin mindestens eine Woche im Voraus abgestimmt werden, doch mir wurde das Abholdatum zwei Tage vorher mitgeteilt. So blieb nur noch die Zeit, das Gepäck, welches mit in den Container soll, zusammenzupacken.

 

Da Motorrad und Koffer neu waren, konnte ich auf keinerlei Erfahrung zurückgreifen. Da das Volumen der Koffer im Vergleich zu meinem Vorgängermotorrad etwas gestiegen war, hatte ich mich auf der sicheren Seite gewähnt. Doch ich hatte nicht bedacht, dass die Original-BWM-Motorradtaschen selbst relativ viel Platz im Koffer einnehmen. Außerdem lässt die Form der Koffer keine optimale Raumausnutzung zu.

 

Nun stehe ich im Parkhaus des Hotels und versuche meinen Sachen irgendwie in Koffer, Taschen und Rucksack zu quetschen. Meine Laune ist am Tiefpunkt. Letztendlich schaffe ich es irgendwie. Doch mir ist klar, dass ich mich unterwegs von einigen Sachen trennen muss. Auf keinen Fall möchte ich jeden Morgen so in den Tag starten müssen.

 

Gegen 9:00 Uhr fahre ich endlich los. In der morgendlichen Rush Hour kommt es wie es kommen muss: Ich stehe im Stau. Besser kann der Tag nicht beginnen! Doch sobald ich die Stadt hinter mir gelassen habe, wird der Verkehr angenehmer. Ich komme gut voran. 

Paso de la Cumbre

Nördlich von Santiago der Straße 60 folgend, möchte ich ohne Zwischenstopps über den Paso de la Cumbre nach Argentinien. Sobald es bergiger wird, kommen die LKWs nur noch langsam voran. Möglichkeiten zum Überholen gibt es kaum. An der letzten Mautstation kann ich die LKWs schließlich hinter mir lassen und ich habe die tolle Straße quasi für mich allein.

 

In unzähligen Serpentinen geht es immer höher hinaus und die Aussichten werden immer spektakulärer. Wer dem Paso Los Libertadores folgt, gelangt durch einen Tunnel nach Argentinien. Ich entscheide mich jedoch für die Piste über den Paso de la Cumbre, denn ich möchte an der Statue Cristo Redentor de los Andes vorbei.

 

Langsam geht es in weiteren Serpentinen noch höher hinaus. Nur sehr wenige Fahrzeuge nehmen die alte Strecke (Straße E-773). So bin ich fast allein unterwegs. Ich lege zahlreiche Fotostopps ein und genieße die spektakuläre Aussicht.

 

Schließlich überschreite ich auf etwa 3800 Meter über dem Meeresspiegel, bei 4°C und reichlich Wind die Grenze nach Argentinien.


Hier geht es zu Teil 2 des Reiseberichts.


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