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Motorradreise Argentinien: Reisebericht Teil 2 - Cristo Redentor de los Andes bis San Rafael

Im Winter 2019/2020 war ich zwölf Wochen mit dem Motorrad in Argentinien und Chile unterwegs. Dies ist der zweite von siebzehn Reiseberichten. Über den Paso de la Cumbre reise ich nach Argentinien ein, fahre am höchsten Berg Südamerikas vorbei, besichtige die Stadt Mendoza, fahre durch den wunderschönen Cañon del Atuel und bleibe mit einem Kupplungsschaden liegen.

 

Hier geht es zu Teil 1 des Reiseberichts.


Mittwoch, 4. Dezember 2019

Tag 5: Paso de la Cumbre bis Upsallata (304 km)

Paso de la Cumbre und Statue Cristo Redentor de los Andes

Über den fantastischen Paso de la Cumbre gelange ich zur Christusstatue Cristo Redentor de los Andes, die 1904 bei der Feier zur friedlichen Lösung des Grenzkonfliktes beider Länder enthüllt worden ist. Ich genieße 3830 Meter über dem Meeresspiegel die tolle Aussicht auf die umliegenden Berge.

 

Zwei Einheimische sprechen mich an. Wir unterhalten uns kurz. Sie zeigen mir ein über 20 Jahre altes Schwarz-Weiß-Foto von sich an diesem Ort. Sie sind auf der Durchreise und wollten nach all den Jahren noch einmal hier hoch.

 

Die argentinische Seite ist wesentlich weniger steil als die chilenische Seite. Dafür gibt stellenweise Passagen mit tiefem Sand auf der Piste. Ich lege wieder einige Fotostopps ein. Die rostbraune Farbe der Berge und die tollen Aussichten möchte ich unbedingt auf Fotos festhalten.

Berg Aconcagua

Den nächsten Stopp lege ich am Mirador Aconcagua ein. Von hier hat man einen tollen Blick auf den Berg Aconcagua, dem höchsten Berg Südamerikas. Von hier könnte man eine kostenpflichtige Straße ins Tal zu einem weiteren Aussichtspunkt nehmen. Doch leider werden nur argentinische Pesos akzeptiert. Eine Bezahlung mit Kreditkarte ist nicht möglich. So muss ich mich leider mit dem Blick aus 20 Kilometern Entfernung zufrieden geben. Wer also näher an den Berg heran möchte, sollte unbedingt Bargeld dabei haben.

Grenzkontrolle

Kurz vor der Puente del Inca liegt die Grenzstation, die von Argentinien und Chile gemeinsam betrieben wird. Diese liegt abseits der Straße und ist nicht eindeutig als Grenzstation erkennbar, sodass man einfach daran vorbeifahren könnte.

 

Als ich in die Station einfahre, wird mir eine Position zugewiesen. Am ersten Schalter wird ein Dokument von mir verlangt, dass ich nicht dabei habe. Ich verstehe nicht, was der argentinische Grenzbeamte von mir will. Der Argentinier wird unfreundlich und laut. Schließlich geht er und kommt mit einem einfachen Ablaufzettel wieder, auf dem die passierten Stationen abgestempelt werden. Diesen hätte ich wohl an einer anderen Station holen müssen.

 

Die chilenischen Beamten sind freundlicher. Auf eine detaillierte Kontrolle des Gepäcks wird verzichtet, eine kurze des Beschreibung des Inhalts genügt. So kann ich nach kurzer Zeit weiterfahren.

Puente del Inca

Kurz hinter der Grenzstation liegt der Ort Puente del Inca. Bekannt ist der Ort durch die gleichnamige Puente del Inca (Brücke der Inkas). Anders als der Name vermuten lässt, ist die Brücke kein Bauwerk der Inkas, sondern ein durch Erosion natürlich gebildeter Felsbogen. Der Name kommt wohl von der Vermutung, die Inkas seien bis hierher vorgedrungen.

 

Hier gibt es einige Souvenirshops und Restaurants. So hole ich meine Mittagspause nach. Kurz hinter Puente del Inca ist eine Polizeitkontrolle. Hier wird geprüft, ob auch jeder die Grenzstation passiert hat. Die Ablaufzettel werden eingesammelt. Einige Autos werden wieder zurückgeschickt, da sie wohl an der Grenzstation vorbeigefahren sind.

Camping in Upsallata

Ich möchte mir eigentlich eine Unterkunft suchen und die Gegend erkunden. Doch dies scheint ein Skigebiet zu sein. Campingplätze entlang der Straße 7 gibt es nicht, sämtliche Hostels und Hotels sind im Sommer geschlossen. So fahre ich am Río Mendoza entlang weiter nach Upsallata.

 

Dort hebe ich zunächst Geld ab. Die Bargeldmenge pro Transaktion ist hier auf 2000 argentinische Pesos (etwa 30 Euro) begrenzt. Es fallen Gebühren von über 10% an. Ich habe davon gehört, bin dann aber doch etwas über die Höhe überrascht.

 

Anschließend fahre ich tanken und danach geht es auf den Campingplatz. Da es Nebensaison und unter der Woche ist, bin ich der einzige Gast auf dem Platz. Damit habe ich nicht gerechnet. Die Außenanlagen sind in Ordnung, doch die Sanitäranlagen sind heruntergekommen, das Wasser jedoch heiß. Das Wasser wird mit einem Holzofen extra für erhitzt.


Donnerstag, 5. Dezember 2019

Tag 6: Upsallata bis Mendoza (126 km)

Fahrt nach Mendoza

Nachdem ich mit Mühe und Not die Koffer zubekommen habe, fahre ich weiter nach Mendoza. Die Straße führt weiterhin durch ein Tal am Río Mendoza entlang. In Potrerillos mache ich einen kurzen Abstecher zum gleichnamigen Stausee und hole dort mein Frühstück nach.

 

Auf den Weg nach Mendoza gibt es einige Polizeikontrollen. Ich werde jedesmal durchgewunken und kann weiterfahren.

Stadtbesichtigung Mendoza

Kurz nach 12 Uhr erreiche ich das Hotel San Martin im Zentrum von Mendoza. Dieses hatte ich bereits vor zwei Tagen gebucht. Ich möchte mir am Nachmittag die Stadt anschauen und endlich eine Gaskartusche kaufen. In Valparaíso war ich nicht fündig geworden.

 

Obwohl es mit über 30°C sehr heiß ist, ist die Hitze in der Stadt gut ertragbar. Die Straßen sind von Bäumen gesäumt, die angenehmen Schatten spenden. Kleine Kanäle entlang der Straßen sorgen für eine Bewässerung der Bäume. Diese werden hin und wieder mit Wasser geflutet.

 

Mein Hotel liegt an der Plaza Independencia. Vier weitere Plazas liegen in unmittelbarer Entfernung. Allen statte ich einen Besuch ab. Die Plazas sind schön gestaltet und ein beliebter Treffpunkt der Menschen. Hier genießt man das Wetter, trifft sich mit Freunden, spielt Spiele oder macht ein Picknick.

 

Die Polizeipräsenz in der Stadt ist sehr hoch. Es sind viele Streifen zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs. In einer Einkaufsstraße finde schließlich ich ein Outdoorgeschäft. Dort bekomme ich meine Gaskartusche und kaufe gleich noch zwei große Trinkflaschen.

 

Am Abend gehe ich in einem Straßenrestaurant essen. In der Ferne höre ich Livemusik, die ziemlich gut ist. Auf der Plaza Independencia spielen Straßenmusiker Rockmusik. Viele Menschen haben sich versammelt, um der Musik zu lauschen. Ich geselle mich dazu.


Freitag, 6. Dezember 2019

Tag 7: Mendoza bis El Nihuil (314 km)

Cañon del Atuel

Landschaftlich hat die Strecke von Mendoza nach San Rafael nur wenig zu bieten. Hinter San Rafael wird es dafür umso interessanter. Die Straße 173 führ durch den Cañon del Atuel. Der erste Teil ist noch asphaltiert und eher touristisch geprägt. Hinter dem Stausee warten jedoch 45 Kilometer feinste Schotterpiste.

Dem Verlauf des Río Atuel folgend, warten hinter jeden Kurve neue spektakuläre Felsformationen. Einfach traumhaft! Schotter unter den Reifen und eine tolle Landschaft. Mehr braucht es nicht, um Spaß zu haben.

Camping in El Nihuil

Eigentlich wollte ich im Cañon del Atuel zelten. Da die Campingplätze alle geschlossen sind und es noch früher Nachmittag ist, fahre ich weiter nach El Nihuil. Der erste Platz ist geschlossen. Der zweite Campingplatz ist wieder sehr einfach. Die Sanitäranlagen sind noch heruntergekommener als in Upsallata. Wieder bin ich allein auf dem Platz. Wird das jetzt immer so sein? Am Abend kommen zwei weitere Autos hinzu, die jedoch unter sich bleiben.

 

Am Stausee in El Nihuil gibt es einen kleinen Strand. Ansonsten gibt es in dem kleinen Ort wenig zu sehen. Die Gegend scheint jedoch ein Enduroparadies zu sein. Viele Enduros fahren durch den Ort. Es gibt sogar extra Geschwindigkeitslimits für Enduros. Vermutlich haben es einige in der Vergangenheit wohl übertrieben.

 

In einem Kiosk kaufe ich ein paar Lebensmittel ein. Angeblich sollen die Restaurants in der Stadt alle heute geschlossen sein. Der Kioskbesitzer bietet mir jedoch an, eine Pizza warm zu machen. Ich nehme das Angebot dankend an.


Samstag, 7. Dezember 2019

Tag 8: El Nihuil bis San Rafael (52 km)

Panne südlich von El Nihuil

Auf meiner Reise möchte ich nicht nur stumpf die Ruta 40 runterfahren. Daher habe ich einige Abstecher eingeplant. Die Straßen 180 und 186 sollen mich heute an der Laguna de Llancanelo vorbeiführen. Doch nach 52 km auf der Straße 180 ist der Tag auf dem Motorrad für mich leider auch schon vorbei.

 

Die erstem 50 km der Piste ließen sich wunderbar fahren. Doch dann ging es eine Senke hinunter. Die Piste liegt nun bis zu einen Meter tiefer als die Umgebung. Somit sammelt sich hier der Sand. Zu Beginn sind die Sandpassagen für mich noch beherrschbar. In einem tiefen Sandloch, dass ich zu spät habe kommen sehen, stürze ich dann auf die rechte Seite und falle weich.

 

Um das Motorrad aufrichten zu können und aus dem Sandloch zu bekommen, baue ich die Tasche und einen Koffer ab. Dann baue ich alles wieder an. Ein, zwei Kilometer quäle ich mich durch den Sand. Das Hinterrad sinkt immer wieder sehr tief ein. Dabei übertreibe ich es wohl mit der Kupplung, denn plötzlich ist der Kraftfluss unterbrochen. Nichts geht mehr.

 

Ich demontiere Tasche und Koffer und schiebe das Motorrad zu einer Stelle mit wenig Sand. Da es hier kein Handyempfang gibt, muss ich auf Hilfe warten. Ich habe Glück. Kurze Zeit später kommt eine Familie vorbei. Diese wollen im nächsten Ort Hilfe organisieren. Dies kann jedoch einige Stunden dauern. Ich soll so lange hier warten.

 

Obwohl es erst 10:00 Uhr ist, ist es bereits sehr heiß und es gibt weit und breit keinen Schatten. So langsam wird mir die Gefahr meiner Situation bewusst. Mit meiner Jacke über dem Motorrad erzeuge ich etwas Schatten. Ich prüfe meinen Wasservorrat, schätze ab, wie lange es im schlimmsten Fall dauern könnte, und rationiere dementsprechend mein Wasser.

 

In dreieinhalb Stunden kommen nur sechs Autos und ein Motorrad vorbei. Einige fahren vorbei, andere halten an und fragen, ob sie mir helfen können. Im Nachhinein hätte ich die Fahrer, die in Richtung El Nihuil unterwegs waren, bitten sollen, die Polizei in El Nihuil zu informieren. Denn dieser Ort ist viel näher als die nächste Ortschaft im Süden. Vermutlich wäre es dann schneller gegangen. Aber hinterher ist man immer schlauer.

Rücktransport nach San Rafael

Um 13:30 Uhr kommt ein Polizist in einem Pick-up angefahren. Scheinbar war er von einer leichten Enduro ausgegangen. Als er meine schwere BMW sieht, wird ihm klar, dass wir die BMW nicht auf den Pick-up bekommen werden. Er versucht mir zu erklären, warum er wieder wegfahren muss.

 

Etwas eine halbe Stunde später kommt er mit vier Männern von einer benachbarten Farm zurück. Auch diese sind zunächst skeptisch. Letztendlich schieben sie das Motorrad von der Piste. Der Pick-up fährt rückwärts heran und lässt die Klappe herunter. Das Motorrad kann dann relativ einfach hochgeschoben werden.

 

Dann geht es zurück nach El Nihuil. Unterwegs setzen wir die vier Männer an einer Farm ab. Ich bedanke mich herzlich für deren Hilfe. Auf der Polizeistation werden dann die Formalitäten geklärt. Der Polizist kann kein Englisch. Ich bin aufgrund der Dehydrierung fix und fertig und mein Spanisch ist nicht zu gebrauchen. Aber zum Glück hilft der Google Translator weiter.

 

Der Polizist ist sehr hilfsbereit. Ich erkläre ihm, dass es wohl besser ist, wenn ich nach San Rafael zurückkehre. In der Stadt wird es sicherlich eine geeignete Werkstatt geben. Zunächst möchte er mich selbst nach San Rafael fahren. Dies wird ihm jedoch von seinen Vorgesetzten nicht gestattet. Er organisiert daraufhin einen Transport und ruft sogar bei meiner Versicherung zwecks Kostenübernahme an. Da es sich jedoch nur um eine Haftpflichtversicherung handelt, muss ich die Kosten alleine tragen.

 

Bis zu seinem Dienstschluss um 18:00 Uhr kann ich auf der Wache bleiben. Um 20:00 Uhr soll das Transportunternehmen kommen. Doch es kommt niemand. Gegen 21:00 Uhr kommen andere Polizisten zu der Station. Ich schildere ihnen meine Situation. Sie teilen mir mit, dass das Unternehmen erst um 22:00 Uhr kommen wird.

 

Gegen 22:30 Uhr ist es dann soweit. Meine BMW wird professionell verladen und dann geht es nach San Rafael. Da nur Barzahlung möglich ist, setzen sie mich zunächst an einer Bank ab. Die Bezahlung erfolgt dann vor dem Hotel. 7000 Pesos kostet der Transport. Dies scheint mehr zu sein, als mir der Polizist genannt hat. Vielleicht habe ich aber auch nur seis (sechs) und siete (sieben) verwechselt. Letztendlich ist es mir egal. Ich bin einfach froh, dass ich endlich in San Rafael bin.

 

Der Hotelparkplatz befindet sich eigentlich 100 Meter weiter die Straße runter. Doch ich kann mein defektes Motorrad auf dem gesicherten Mitarbeiterparkplatz direkt neben dem Hoteleingang abstellen. Um 1:30 Uhr falle ich dann endlich ins Bett.


Hier geht es zu Teil 3 des Reiseberichts.


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