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Motorradreise Chile: Reisebericht Teil 6 - Puerto Rio Tranquilo bis Cochrane und zurück

Im Winter 2019/2020 war ich zwölf Wochen mit dem Motorrad in Argentinien und Chile unterwegs. Dies ist der sechste von siebzehn Reiseberichten. Von Puerto Río Tranquilo geht es in den Parque Nacional Patagonia. Dort unternehme ich meine erste Tageswanderung. Im Anschluss folge ich der Carretera Austral bis Cochrane und fahre wieder zurück nach Puerto Río Tranquilo.

 

Hier geht es zu Teil 5 des Reiseberichts.


Dienstag, 24. Dezember 2019

Tag 25: Puerto Río Tranquilo bis Valle Chacabuco (174 km)

Confluencia Ríos Baker y Neff

Nach einem reichhaltigem Frühstück breche ich auf. Mein heutiges Ziel ist das Valle Chacabuco im Parque Nacional Patagonia. Die Piste führt zunächst am Lago General Carrera und dann am Lago Bertrand vorbei. Da es nieselt, mache ich nur wenige Stopps.

 

Südlich des Lago Bertrand liegt Confluencia Ríos Baker y Neff, der Zusammenfluss der beiden Flüsse. Vom Parkplatz an der Straße führt ein zehnminütiger Fußweg zum Flussufer. Dort kann man sich das Naturschauspiel anschauen. Das türkisblaue Wasser des Río Baker bzw. Río Cochrane rauscht einen kleinen Wasserfall hinunter und mischt sich dann mit dem braunen Wasser des Río Neff. 

 

Da ich hier noch Handyempfang habe, schicke ich einige Weihnachtsgrüße in die Heimat. Vermutlich werde ich weiter südlich und in den nächsten Tagen keinen Handyempfang haben.

Parque Nacional Patagonia / Valle Chacabuco

Kurze Zeit später erreiche ich die Straße X-83, die durch das Valle Chacabuco führt. Noch ahne ich nicht, was was für eine tolle Landschaft mich hier erwarten wird und dass dies einer der schönsten Tage meiner Reise werden wird. 

 

Aus einer Privatinitiative entstanden, mittlerweile an den Staat übergeben, ist im Valle Chacabuco in den letzten 15 Jahren etwas Großartiges entstanden. Durch starke Weidewirtschaft war die Landschaft so stark in Mitleidenschaft gezogen worden, dass sich die Schafzucht schließlich nicht mehr rentierte. Das Land wurde aufgekauft, Zäune entfernt und Programme zur Erholung von Flora und Fauna gestartet.

 

Die Vegetation hat sich deutlich erholt und die Wildtiere sind wieder zurückgekehrt. Guanako-Herden streifen durch das Tal. Auch Pumas haben sich hier wieder angesiedelt. Aus der Initiative ist schließlich der Parque Nacional Patagonia entstanden.

Es ist einfach herrlich, durch dieses wunderschöne Tal zu fahren. Die einspurige Piste ist ein Traum. Ich lege viele Stopps ein, lasse die Landschaft auf mich wirken und beobachte Guanakos.

 

Hinter Camping Casa de Piedra bzw. Stonehouse Camping wird die Piste deutlich rauer. Grober Schotter und starkes Wellblech schütteln mich ordentlich durch. Da das Wetter wieder schlechter wird, entschließe ich mich zur Umkehr. Denn die Piste führ zu einem Grenzübergang nach Argentinien und der Campingplatz, für den keine Reservierung benötigt wird, liegt in der Nähe des Besucherzentrums.

 

Da heute Heiligabend ist, ist das Besucherzentrum bereits geschlossen. Ich gehe davon aus, dass ich trotzdem auf den Zeltplatz fahren und die Gebühren bei Abreise entrichten kann.

 

In der Nähe gibt es ein exklusives Hotel und einige Hütten. Im zugehörigen Restaurant wird heute ein leckeres Weihnachtsmenü angeboten. Das möchte ich mir nicht entgehen lassen. Daher reserviere ich einen Tisch für 20 Uhr.

Heiligabend

Auf dem wunderschön gelegenen Zeltplatz Camping Los West Winds ist wenig los. Ich suche mir einen windgeschützten Platz und errichte mein Zelt. Nach einer kalten Dusche lasse ich den bisherigen Tag Revue passieren.

 

Später kommt ein Parkranger vorbei. Ich erkundige mich nach dem Zustand des Wanderweges Lagunas Altas, den ich morgen absolvieren möchte. Er soll gut markiert sein, doch morgen könnte das Wetter schlechter sein als heute. Daher solle ich Regenkleidung nicht vergessen. 

 

Gegen 19 Uhr mache ich mich langsam auf den Weg zum Restaurant. Unterwegs mache ich mit meinem Smartphone einige Fotos. Als ich mir die Fotos auf dem Handy anschaue, huscht etwa 20 Meter vor mir ein Tier über den Pfad und verschwindet im Dickicht.

 

Als mir klar wird, dass dies ein Puma gewesen sein könnte, laufe ich einige Meter zurück. Ich bin froh, dass hinter mir weitere Personen auf dem Pfad unterwegs sind. Ich erzähle ihnen von meiner möglichen Sichtung. So beobachten wir das Dickicht und tatsächlich kommt wenig später eib Puma zum Vorschein.

 

In der Ferne entdecken wir zwei weitere Pumas. Dabei scheint es sich um Jungtiere zu handeln. Sie toben und spielen miteinander. Die Mutter scheint auf der Jagd zu sein, interessiert sich zum Glück nicht für uns. Hätte ich die Mutter nicht gesehen, wäre ich zwischen ihr und ihren Jungtieren geraten. Ob das gut ausgegangen wäre?

 

Wir beobachten die Pumas aus sicherer Entfernung. Ich ärgere mich ein wenig, dass ich nur mein Handy dabei habe. Die Fotos, die ich von den Pumas mache, sind nicht zu gebrauchen, da sie einfach zu weit weg sind. Wir verlassen den Pfad und gehen zurück auf die Straße, um die Pumas passieren zu können.

 

Es ist spannend zu sehen, wie sich Guanakos verhalten, wenn Pumas in der Nähe sind. Normalerweise sind sie neugierig und beobachten einen. Doch nun stehen sie wie angewurzelt da und fixieren die Pumas. Ich könnte vor ihnen Hampelmänner machen und sie würden es mit keinem Blick würdigen.

 

Das Weihnachtsmenü im El Rincon ist einfach der Hammer. Es gibt eine Kürbis-Ingwer-Suppe, gefolgt von einem Rote-Beete-Salat. Der Hauptgang besteht aus Truthahnstücken mit Füllung. Zum Schluss werden verschiedene hausgemachte Desserts gereicht.

 

Mittlerweile hat die Dämmerung eingesetzt. Mich begleitet ein mulmiges Gefühl, als ich die 2,5 Kilometer allein zum Campingplatz zurücklaufe. Da sich die Guanakos jedoch normal verhalten, scheint kein Puma in der Nähe zu sein.

 

Auf dem Zeltplatz folgt dann die nächste Überraschung. Ich werde spontan zu einer Weihnachtsfeier eingeladen. So verbringe ich bei Popcorn und Bier den Abend mit vier jungen Israelis und zwei Deutschen aus der Nähe von Elmshorn. Es ist ein sehr lustiger Abend mit vielen tollen Reisegeschichten. Schöner hätte ich Weihnachten allein im Ausland nicht verbringen können. Vielen Dank dafür!


Mittwoch, 25. Dezember 2019

Tag 26: Parque Nacional Patagonia / Valle Chacabuco

Tageswanderung "Lagunas Altas"

Ich werde früh wach. Da das Wetter richtig gut ist, beeile ich mich und breche bereits eine halbe Stunde später zu der Wanderung auf. Der Wanderweg Lagunas Altas führt vom Campingplatz Los West Winds auf ein Hochplateau, an einigen Seen vorbei und durch malerischen Wald. Zwischendrin gibt es immer wieder tolle Ausblicke ins Chacabuco-Tal und auf die umliegenden Berge.

 

Die ersten sieben Kilometer geht es in Serpentinen den Berg hinauf. Nachdem das Hochplateau erreicht ist, geht es nur noch leicht auf und ab. Der Abstieg hat es dann wieder in sich. Er scheint steiler als der Aufstieg zu sein.

Ich habe Glück mit dem Wetter. Es ziehen einige Regenfelder durch das Tal. Diese sind jedoch lokal sehr begrenzt. Ich bekomme lediglich gegen Mittag einen leichten Nieselschauer ab. Auf dem Weg nach unten übersehe ich fast die im Gras liegenden Guanakos, da ich meinen Blick nur ins Tal richte, um die tolle Aussicht zu genießen.

 

Nach sieben Stunden erreiche ich das Ende des Wanderwegs. Über 23 Kilometer liegen hinter mir. Ich laufe zum Besucherzentrum, entrichte die Gebühren für das Zelten und besuche die Ausstellung. Diese thematisiert sehr anschaulich den Einfluss des Menschen auf die Umwelt und die Folgen der Überbevölkerung.

 

Natürlich erfährt man auch etwas über die Entstehung des Nationalparks und über die gestarteten Programme, damit sich Pflanzen- und Tierwelt erholen können. Beeindruckende Vorher-Nachher-Bilder belegen die bisherigen Erfolge

 

Auf meinem Weg zurück zum Campingplatz komme ich an einem Guanoko vorbei, das nicht ganz so scheu ist. Hin und wieder ist es auch auf dem Campingplatz anzutreffen. Es entstehen ein paar tolle Fotos. Ein Selfie darf natürlich auch nicht fehlen.


Donnerstag, 26. Dezember 2019

Tag 27: Valle Chacabuco bis Cochrane (77 km)

Confluencia Rios Baker y Chacabuco

Auf meinem Weg aus dem Park treffe ich auf eine Guanako-Herde mit vielen Jungtieren. Daher lege ich einen längeren Fotostopp ein. Gerne wäre ich noch etwas länger im Parque Nacional Patagonia geblieben. Ich hab jedoch nicht genügend Lebensmittel dabei. Das Wetter soll auch schlechter werden. Außerdem muss ich wieder langsam zurück nach Puerto Río Tranquilo, um dort an bereits gebuchten Touren teilnehmen zu können. 

 

Den nächsten Stopp lege ich beim Zusammenfluss der Flüsse Río Baker und Río Chacabuco ein. Dann geht es weiter nach Cochrane. Im ursprünglichen Reiseplan wollte ich bis nach Villa O'Higgins fahren, dem südlichsten Punkt der Carretera Austral. Dies habe ich jedoch zugunsten des Valle Chacabuco gestrichen. 

 

Ich könnte jedoch bis nach Tortel fahren. Der Ort soll sehr schön sein, wie mir einige Reisende berichtet haben. In Cochrane informiere ich mich über das Wetter. Am Nachmittag soll anhaltender Regen einsetzen. Daher entscheide ich mich gegen eine Fahrt.

Cochrane und Umgebung

Dennoch fahre ich die Carretera Austral etwas weiter nach Süden. Am Lago Esmeralda lege ich einen kurzen Fotostopp ein. Nach etwa 23 Kilometern entschließe ich mich dann zur Umkehr.

 

In Cochrane bin ich dann wieder einmal kurzzeitig als Geisterfahrer unterwegs. Ein Pick-up weist mich mit Lichthupe darauf hin. Um die Plaza de Armas herum ist die Straße so breit, dass ich fälschlicherweise von zwei Spuren ausgegangen bin.

 

In Argentinien und Chile gibt es in den Orten ein ausgeprägtes Einbahnstraßensystem. Die zulässige Fahrrichtung ist jedoch nicht immer leicht erkennbar. Einbahnstraßenschilder und Durchfahrtverbotsschilder sind die Ausnahme. Lediglich ein kleiner weißer Pfeil auf den Straßennamenschildern zeigt die Fahrrichtung an. Ein weiterer Indikator kann sein, in welcher Richtung die Autos geparkt sind.

 

Man sollte sich auch nicht auf sein Navigationssystem verlassen. In größeren Städten nutze ich es, um schneller zum Zielort zu gelangen. In den Karten von Garmin ist jedoch die Fahrrichtung manchmal falsch hinterlegt. Wenn man stumpf den Anweisungen folgt, kann es brenzlig werden.

Aufgrund des Regens, steige ich wieder in einem Hostal ab. Beim Auspacken stelle ich fest, dass in den rechten Koffer ordentlich Wasser eingedrungen ist. Zum Glück ist die Koffertasche wasserdicht und meine Klamotten somit trocken.

 

Scheinbar schließt der Koffer oben nicht mehr richtig ab. Dies scheint ebenfalls eine Folge des Sturzes zu sein. Von den Koffern, die von Touratech für BMW entwickelt wurden, bin ich echt enttäuscht. Sie scheinen weniger robust zu sein als meine alten Zega Pro Koffer. Ein kleiner Sturz und der Koffer wackelt und ist nicht mehr wasserdicht. Das kann es doch nicht sein!

 

Selbst als mir ein Auto hinten ins Motorrad reingefahren ist, das Motorrad auf dem Koffer über den Asphalt gerutscht und im Straßengraben gelandet ist, konnten die Zega Pro Koffer trotz deutlicher Deformierung mit einfachen Hilfsmitteln noch so montiert werden, dass sie nicht wackeln. Und wasserdicht waren sie auch noch. Bei dem neuen Befestigungssystem ist dies nur schwer möglich. Echt schade, dass es für die Adventure nur das BWM-Koffersystem gibt.


Freitag, 27. Dezember 2019

Tag 28: Cochrane bis Puerto Río Tranquilo (112 km)

Fahrt nach Puerto Río Tranquilo

Auch für heute ist wieder reichlich Regen vorhergesagt. Daher mache ich auf meinem Weg zurück nach Puerto Río Tranquilo nur einen kurzen Stopp in Puerto Bertrand und beobachte Stand Up Paddler auf dem Río Cochrane.

 

Gegen 13 Uhr erreiche ich schließlich Puerto Río Tranquilo. Kurze Zeit später fängt es zu regnen an, der immer stärker wird. Es weht ein kräftiger Wind. Wieder einmal habe ich alles richtig gemacht.

 

Am späten Abend wird das Wetter wieder besser. So breche ich noch zu einem kurzen Spaziergang zum See auf und spiele mit ein paar Straßenhunden. Bisher hatte ich nur gute Erfahrungen mit Hunden gemacht. Wenn jedoch unvermittelt ein fremder Hund auf dich zugerannt kommt und dich anspringt, wird einem doch mulmig. Der Hund scheint jedoch einfach nur Leute gerne anzuspringen. 


Hier geht es zu Teil 7 des Reiseberichts.


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