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Motorradreise Argentinien: Reisebericht Teil 12 - Feuerland und das Ende der Welt

Im Winter 2019/2020 war ich zwölf Wochen mit dem Motorrad in Argentinien und Chile unterwegs. Dies ist der zwölfte von siebzehn Reiseberichten. Mit dem Motorrad erreiche ich Ushuaia, die südlichste Stadt der Welt. Dort nehme ich an einer Bootstour auf dem Beagle-Kanal teil und gehe im Parque Nacional Tierra del Fuego wandern.

 

Hier geht es zu Teil 11 des Reiseberichts.


Dienstag, 21. Januar 2020

Tag 53: Grenzübertritt bis Ushuaia (450 km)

Fahrt nach Ushuaia

Auf der chilenischen Seite des Grenzübergangs San Sebastian unterläuft mir ein "Fehler". Ich lasse einen italienischen Motorradfahrer den Vortritt. Wenn ich gewusst hätte, das zu ihm eine größere Gruppe gehört, die sich dann ebenfalls vor mir in die Schlange stellt, wäre ich wohl nicht so freundlich gewesen.

 

Ich beeile mich, um vor der Reisegruppe die argentinischen Seite des Grenzübergangs zu erreichen, die etwa 14 km entfernt liegt. Doch auch hier herrscht reger Betrieb. Dennoch dauert es hier nicht ganz so lang.

 

Ohne Zwischenstopp fahre ich nach Río Grande. Dort mache ich eine längere Pause und esse zu Mittag. Dann geht es weiter nach Tolhuin. Auf dem Weg dorthin werde ich mitten im Nichts an einer Polizeikontrolle gestoppt. Anhand der militärisch aussehenden Fahrzeuge komme ich zu dem Schluss, dass es sich nicht um die lokale Polizei handeln kann. Ich werde etwas nervös.

 

Zum Glück kann einer der Polizisten etwas Englisch. So erfahre ich, dass sie Fahrzeuge nach Drogen durchsuchen. Innerlich sehe ich schon, wie all meine Taschen durchsucht werden. Doch ich habe Glück, vermutlich weil ich Tourist bin. Es werden die Daten meiner Reisedokumente per Funkgerät durchgegeben. Es dauert längere Zeit bis eine positive Bestätigung zurückkommt. In der Zwischenzeit wird mein Rucksack oberflächlich kontrolliert. Dann kann ich weiter fahren.

 

Am Lago Fagnano mache ich eine weitere spontane Pause, da mir die Landschaft sehr gut gefällt. Hinter Tolhuin wird es landschaftlich noch interessanter, da es über den kurvigen Garibaldi Pass geht. Unterwegs gibt es einige Aussichtspunkte, von denen aus der Lago Escondido zu sehen ist. Da es schon relativ spät ist, steht die Sonne etwas ungünstig. Der See liegt nun im Schatten der Berge.

Ushuaia

Am Abend erreiche ich schließlich Ushuaia, die südlichste Stadt der Welt. Ein Glücksgefühl mag sich nicht so recht bei mir einstellen. Nach einem obligatorischen Foto am Stadteingang, steuere ich die Unterkunft im Zentrum der Stadt an. Diese habe ich gewählt, weil sie in der Nähe der Motorradwerkstatt liegt, in der ich meinen Hinterreifen wechseln lassen will.

 

Da es schon spät ist, verschiebe ich den Stadtrundgang auf den nächsten Tag. Bei meiner Gastgeberin informiere ich mich über Touren auf dem Beagle Kanal. Dabei teilt sie mir mit, dass sie sich freut, dass es seit langer Zeit mal wieder windstill in Ushuaia ist. Da soll wohl auch die nächsten Tage so sein. Ich scheine wohl ein eher untypisches Wetter erwischt zu haben.


Mittwoch, 22. Januar 2020

Tag 54: Ushuaia (6 km)

Organisatorisches

Den Vormittag nutze ich für einige organisatorische Angelegenheiten. Zunächst bringe ich mein Motorrad in die Werkstatt. Im Vorfeld hatte ich mit dem Besitzer geklärt, welche Reifen aufgezogen werden sollen. Doch der passende Vorderreifen ist nicht da. Dies ist jedoch nicht schlimm, da der Vorderreifen noch gut ist. So lasse ich nur den Hinterreifen wechseln.

 

Dann möchte ich ein weiteres Paket nach Deutschland aufgeben. Warme Kleidung werde ich den Rest meiner Reise nicht mehr benötigen. Auch der argentinische Reiseführer und einige Karten können zurück nach Deutschland.

 

In der Post werden jedoch gerade keine größeren Pakete verkauft. In den umliegenden Geschäften gibt es auch keine. Doch heute scheint Altpapier eingesammelt zu werden. Auf den Straßen stapelt sich viel Papier und Pappe. Vor einem Geschäft finde ich schließlich einen passenden Karton.

 

Der Zollbeamte hilft mir, den Karton auf die erforderliche Größe zu verkleinern. Eine Frau stellt mir freundlicherweise Packpapier zur Verfügung, damit ich das Paket ordentlich verpacken kann. Dann ist viel Papierkram zu erledigen. Unter anderem muss ich zusätzlich Absender und Adressat in ein großes Buch eintragen, das für alle einsehbar ist. Nach dem ich einen Daumenabdruck hinterlassen habe, geht es an die Bezahlung. Mit 8315 Pesos wird wieder ein stolzer Preis verlangt.

 

Nach acht Wochen wird es Zeit für einen Haarschnitt. Daher suche ich einen Friseur auf. Die Inhaberin ruft einen Mitarbeiter an, der wenige Minuten später erscheint. Mit Hilfe des Google Translator teile ich ihm meine Wünsche mit. Mit einem frischen Haarschnitt verlasse ich wenig später den Salon.

Stadtbesichtigung

Am Nachmittag schaue ich mir die Stadt an. Dabei konzentriere ich mich auf die Promenade mit den obligatorischen Fotopunkten. Ushuaia selbst empfinde ich nicht als sehr sehenswert, aber ich bin ja auch nicht wegen der Stadt hier, sondern wegen der umliegenden Landschaft. Diese werde ich in den nächsten Tagen erkunden.

 

Am Abend kann ich schließlich mein Motorrad abholen. Den neuen Reifen kann ich mit Kreditkarte bezahlen. Die Arbeitsleistung muss ich direkt beim Mitarbeiter in bar entrichten. Ich mache eine kurze Probefahrt und fahre dann zurück zu Unterkunft.


Donnerstag, 23. Januar 2020

Tag 55: Ushuaia bis Parque Nacional Tierra del Fuego (34 km)

Bootstour auf dem Beagle Kanal

Der Tag startet mit einer Bootstour auf dem Beagle Kanal. Das Wetter ist besser als vorhergesagt. Es ist sonnig warm und es weht kein Wind. Daher setzte ich mich oben aufs Deck.

 

Der erste Stopp ist ein größerer Felsen, der aus dem Wasser ragt und auf dem sich viele Seelöwen tümmeln. Der Katamaran kann sehr dicht an den Felsen heranfahren, sodass sich die Seelöwen sehr gut beobachten lassen. Diese lassen sich von uns nicht stören.

In der Nähe liegt eine Insel, die von unzähligen Kormoranen bevölkert ist. Zwischen den Vögeln liegen auch einige Seelöwen. 

Es folgt eine längere Fahrt zu einer Pinguinkolonie. Wir fahren an Puerto Williams vorbei zu den Islas de Tierra del Fuego. Mittlerweile ist es bewölkt und merklich kälter geworden. Auch vereinzelte Tropfen fallen.

 

An der Pinguinkolonie kann der Katamaran nicht so dicht an das Ufer heranfahren, so dass wird die Pinguine nur aus größerer Entfernung beobachten können. Anders als auf der Isla Magdalena sind auch einige Pinguine im Wasser anzutreffen. Ich bin erstaunt, wie schnell und elegant sich Pinguine im Wasser fortbewegen können. Am Land wirken sie eher etwas tollpatschig. Im Wasser sind sie flink unterwegs.

Es folgt ein Halt an der Estancia Haberton. Hier teilt sich die Gruppe auf. Ein Teil steigt aus, um sich die Estancia anzuschauen und anschließend mit dem Bus nach Ushuaia zurückzufahren. Ich fahre jedoch mit dem Boot zurück.

 

Da das Wetter noch schlechter wird, gehe ich ins Innere des Boots, um mich aufzuwärmen, um etwas zu essen und um etwas zu schlafen. Gegen 16 Uhr treffen wir im Hafen ein. Das Wetter hat sich wieder etwas gebessert.

Parque Nacional Fuego

Als ich mit dem Motorrad weiterfahren will, bekomme ich eine Meldung, dass das Abblendlicht defekt ist. Also fahre ich zur Werkstatt. Da diese erst um 17 Uhr aufmacht und nicht klar ist, ob diese eine passende Glühbirne vorrätig hat, nutze ich die Zeit, um die Birnen von Abblend- und Fernlicht zu tauschen.

 

Tatsächlich gibt es in der Werkstatt keine Glühbirnen. Doch wenige Meter die Straße runter gibt es ein Fahrzeugteilegeschäft. Der Inhaber hat die Birne bereits griffbereit, da bin ich noch beim Schildern meines Anliegens. Ein kurzer Blick auf die Birne hat gereicht. So verlasse ich bereits nach weniger als zwei Minuten wieder das Geschäft.

 

Nachdem ich die defekte Glühbirne getauscht habe, kann ich endlich in den Parque Nacional Tierra del Fuego fahren. Ich entrichte am Eingang die Park- und Übernachtungsgebühren und informiere mich über die Campingmöglichkeiten. Dann fahre ich weiter bis zum Ende der Straße 3. Von dort laufe ich zur Bahia Lapataia und lasse die Aussicht auf mich wirken.

 

Auf dem Rückweg setzt Regen ein, so dass ich erstmals mein Zelt bei Regen aufbauen muss. Am Abend lässt der Regen nach. Ich mache mich daher auf, die nähere Umgebung zu erkunden. Im Park gibt es viele kurze Wanderwege. In der Nähe des Zeltplatzes startet Weg 2 zur Laguna Negra. Dort genieße ich die Abendstimmung.


Freitag, 24. Januar 2020

Tag 56: Parque Nacional Tierra del Fuego (17 km)

Wanderungen am Vormittag

Bevor ich weiter zum nächsten Campingplatz fahre, möchte ich noch wandern gehen. Zunächst laufe ich den Weg 3 zum Mirador Lapataia. Dort genieße ich die Aussicht. Kurze Zeit später kommt mir eine Busladung Touristen entgegen, die den kompletten Weg blockieren.

 

Der Weg 3 endet an der Bahia Lapataia. Dort startet der Weg 6 Senda de la Baliza. Der schöne Weg führt durch Wald zu einer ruhigen Bucht. Unterwegs kann ich mir die Schäden ansehen, die Biber angerichtet haben.

 

Die argentinische Regierung hatte 1946 Biber ausgesetzt, um das Fell der Tiere zu nutzen. Da sie hier keine natürlichen Feinde haben, konnten sich die Biber ungehemmt ausbreiten und verheerende Schäden anrichten. Ein Baum, der hier Jahrzehnte braucht, um auszuwachsen, wird in Stunden von einem Biber zerstört.

 

Mittlerweile werden die Biber gejagt. Eine komplette Ausrottung dürfte schwierig werden. Aber die Schäden an der Natur müssen begrenzt und eine Ausbreitung des Bibers auf andere Teile Patagoniens muss unbedingt verhindert werden.

 

Auf meinem Weg zurück zum Campingplatz nehme ich den Weg 4 Del Turbal. Auf dem Zeltplatz esse ich zu Mittag und packe im Anschluss meine Sachen zusammen. Der erste Stopp kurz hinter dem Zeltplatz ist der Mirador Laguna Verde.

 

Weiter geht es zum Lago Acigami. Dort genieße ich die Aussicht auf den ruhig daliegenden See. Von hier starten auch einige Wanderwege, für die man jedoch etwas mehr Zeit mitbringen sollte. Für mich geht es mit dem Motorrad weiter zur Ensenada Zaratiegui. Auf dem einfachen Campingplatz in der Nähe errichte ich am frühen Nachmittag mein Zelt.

Wanderungen am Nachmittag

Dann laufe ich hinunter zur Bucht, in der sich die Poststation am Ende der Welt (Correo del fin del mundo) befindet. Das kleine Häuschen ist mit Aufklebern von Reisenden aus aller Welt übersät und tatsächlich eine funktionierende Poststation.

 

Ich bin jedoch hier, um den Weg Senda Costera zu laufen. Dies ist der bisher schönste Weg im Park. Er führt durch Wald an der Küste entlang. Er führt immer wieder direkt ans Ufer. Dort laden die kleinen Buchten zum Verweilen ein. Da es sich um keinen Rundweg handelt, muss ich irgendwann abbrechen und umkehren.

 

Unterwegs hatte ich mich über die vielen Pferdeäpfel auf dem Weg gewundert. Die Äste der Bäume hängen für Reiter viel zu tief. Reiten scheint hier somit nicht möglich zu sein. Am Abend wird das Rätsel dann aufgelöst. Eine Herde freilaufender Pferde kommt am Zeltplatz vorbei.


Samstag, 25. Januar 2020

Tag 57: Parque Nacional Tierra del Fuego bis Tolhuin (126 km)

Tolhuin

Heute möchte ich langsam die Rückreise nach Norden antreten. Vorher möchte ich jedoch noch die Straße J mit dem Motorrad erkunden. Die Landschaft entlang der Piste soll sehr schön sein. Doch das Wetter macht mir einen Strich durch die Rechnung.

 

Kurz nachdem ich mein Zelt zusammengepackt habe, fängt es zu nieseln an. In Ushuaia habe ich wieder Handyempfang. Der Wetterbericht verheißt nichts gutes. Da die Wolken sehr tief hängen und es sich um ein ausgedehntes Regengebiet handeln soll, streiche ich die Straße J von der Liste und fahre im Regen direkt nach Tolhuin.

 

Hier hatte ich mir im Vorfeld eine Unterkunft am Lago Fagnano gebucht, die ich viel früher als geplant erreiche. Am Nachmittag hört es auf zu regnen, sodass ich einen langen Spaziergang am See unternehmen kann.

 

Der Wind hat deutlich zugenommen. Das Rauschen der Wellen hat etwas Meditatives. Ich nutze die Zeit zum Nachdenken. Noch immer werde ich traurig, wenn ich an meinen verstorbenen Vater denken muss. Ich entschließe mich daher, meine Gefühle niederzuschreiben.

 

Da es sich um meinen letzten Abend in Argentinien handelt, gehe ich im Restaurant der Hosteria Kaiken essen. Ich lasse mir Kürbiscremesuppe, Lamb Stew und Apfelkuchen schmecken. Dabei genieße ich bei argentinischem Bier den tollen Ausblick auf den See. 


Sonntag, 26. Januar 2020

Tag 58: Tolhuin bis Chile (544 km)

Fahrt nach Chile

Heute liegt ein Fahrtag vor mir. Ich habe mir kein festes Ziel gesetzt und bin gespannt, wie weit ich kommen werde. Das Wetter ist besser als vorhergesagt. Entgegen der Vorhersage bekomme ich keinen Regen ab. Jedoch hat der Wind seine typische Kraft zurück. Heftige Seitenwinde zehren an meinen Kräften.

 

In San Sebastian tanke ich kurz vor dem Grenzübergang und gebe meine letzten argentinischen Pesos aus. Der Übergang dauert mit 80 Minuten wieder sehr lang. Da es sich um den einzigen Grenzübergang auf Feuerland handelt, ist hier immer viel los. Auf chilenischer Seite muss ich wieder alle Koffer und Taschen öffnen. Es wird jedoch keine Detailkontrolle durchgeführt.


Hier geht es zu Teil 13 des Reiseberichts.


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