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Motorradreise Chile: Reisebericht Teil 13 - Feuerland bis Chiloé

Im Winter 2019/2020 war ich zwölf Wochen mit dem Motorrad in Argentinien und Chile unterwegs. Dies ist der dreizehnte von siebzehn Reiseberichten. Von Feuerland aus geht es für mich wieder nach Norden. Auf einer mehrtägigen Fährfahrt von Puerto Natales nach Puerto Montt erlebe ich die schöne Landschaft Patagoniens aus einem anderen Blickwinkel. Die Route führt durch Kanäle und offene See an Fjorden, Inseln, Bergen, Gletschern und Wasserfällen vorbei. Außerdem gibt es Seelöwen, Delphine und Wale zu sehen.

 

Hier geht es zu Teil 12 des Reiseberichts.


Sonntag, 26. Januar 2020

Tag 58: Grenzübertritt bis Punta Arenas (544 km)

Fahrt nach Punta Arenas

Nachdem ich bei San Sebastian die Grenze nach Chile passiert habe, fahre ich ohne Zwischenstopps die Straße 257 weiter nach Norden. Diesmal nehme ich die Fährverbindung Primera Angostura über die Magellanstraße, um zeitlich flexibel zu sein. Der starke Wind macht die Fährfahrt unerwartet zu einem kleinen Abenteuer.

 

Die kleine Fähre fährt an den Strand, lässt die Laderampe herunter und versucht bei dem starken Wind, möglichst die Position zu halten. Auf der Südseite geht alles gut. Der Weg zur Fähre ist durchgehend betoniert und die Fähre bewegt sich kaum. Dennoch ist es ein komisches Gefühl, auf eine Laderampe zuzufahren, die sich auf dem Boden hin und her bewegt.

 

Der Wind schaukelt die Fähre ordentlich durch, so dass einige Motorradfahrer seekrank werden und sich übergeben müssen. Auch mir wird mit der Zeit etwas flau im Magen. Ich bin jedoch damit beschäftigt, aufzupassen, dass mein Motorrad nicht umkippt. Die Motorräder auf dem Seitenständer machen erstaunlich viel Schiffsbewegungen mit, ohne dass es kritisch wird.

 

Beim Runterfahren von der Fähre ist dann deutlich mehr Bewegung im Spiel. Die Betondecke ist zudem am Anfang mit Schotter überdeckt, den das Meer ans Ufer gespült hat. Ein Motorradfahrer legt sich beim Runterfahren auf die Seite. Da der Hintermann nicht genügend Abstand hält, stürzt er beim Ausweichen ebenfalls auf die Seite. Das Fährpersonal hilft beim Aufrichten und Wegschieben der Motorräder. Bis auf ein paar Schrammen an Mensch und Maschine ist glücklicherweise nichts passiert. Beide können die Fahrt fortsetzen, nachdem die Wunden versorgt sind.

Nach einer Pause fahre ich weiter. Ob wohl es bereits 17 Uhr ist und schon viele Kilometer hinter mir liegen, habe ich noch Lust am Motorradfahren. Das ist eher untypisch für mich. Normalerweise bin ich um diese Zeit bereits am Zielort angekommen.

 

Ich hoffe auf eine Unterkunft entlang der Straße 255, finde jedoch keine. So erreiche ich gegen 18:30 Uhr die Tankstelle an der Kreuzung der Straßen 9 und 255. Nun wird es langsam Zeit für eine Unterkunft. Das Internet gibt wenig her. Ich bin mir nicht sicher, ob es in Villa Tehuelche einen Zeltplatz oder andere Unterkünfte gibt. Daher frage ich die Mitarbeiter in der Tankstelle. Sie erzählen mir, dass es die nächsten Unterkünfte in Punta Arenas gibt.

 

Also buche ich schnell ein Zimmer in einer Privatunterkunft und fahre nach Punta Arenas. Mein Navi kennt (wie ich später feststellen muss) die Hausnummer nicht, die mit einer null beginnt, und meine chilenische SIM-Karte hat den Geist aufgegeben. Leider habe ich bei der Buchung nicht auf die genaue Lage des Hauses geachtet.

 

Die Unterkunft liegt an der Straße 9, der längsten Straße in Punta Arenas. So dauert die Suche des Hauses gefühlt eine Ewigkeit. Ich fahre die Straße mehrmals auf und ab, frage Personen nach der Hausnummer und erhalte widersprüchliche Angaben. Mal soll sie im Norden, mal im Süden der Stadt liegen. Kostenfreies WLAN ist natürlich auch nicht verfügbar, wenn man es mal braucht.

 

Schließlich rufe ich in der Unterkunft an und erfahre so die grobe Lage. Nach über zwei Stunden Suche erreiche ich schließlich das Haus. Erschöpft falle ich nach einer wohltuenden Dusche ins Bett.


Montag, 27. Januar 2020

Tag 59: Punta Arenas bis Puerto Natales (241 km)

Fahrt nach Puerto Natales

Da ich die Strecke bereits gefahren bin, mache ich nur wenige Stopps auf meinem Weg nach Puerto Natales. Unterwegs treffe ich an einer Lagune einen Kleinbus vom EcoCamp Patagonia. Der Guide spricht mich an. Ich erzähle ihm, dass ich vor zwei Wochen mit Cascada Travel den W-Trek gelaufen bin und im EcoCamp übernachtet habe. Es war eine tolle Zeit. Am liebstem würde ich wieder dort wandern gehen.

Stadtbesichtigung Puerto Natales

Kurz nach eins erreiche ich Puerto Natales. Ich laufe am Wasser entlang, genieße die Aussicht und schaue mir einige Skulpturen an. Dann geht es ins Hostal, in dem ich bereits auf dem Hinweg übernachtet habe. Ich erledige einige Einkäufe, lasse meine Wäsche waschen und gehe abends essen.


Dienstag, 28. Januar 2020 

Tag 60: Puerto Natales (9 km)

Organisatorisches

Die Fährfahrt nach Puerto Montt startet erst morgen. Doch heute erfolgt bereits der Check-in und das Boarding. Um kurz nach neun laufe ich daher zum Busterminal. Dort befindet sich das Büro von Navimag. Der Check-in läuft reibungslos. Ich erfahre, dass das Boarding planmäßig starten soll. Zu 20 Uhr soll ich mein Motorrad zum Hafen bringen.

 

Gegen 11 Uhr verlasse ich mein Zimmer, bleibe jedoch noch bis etwa 12:30 Uhr im Hostal. Ich nutze das WLAN, um den Rücktransport meines Motorrades nach Deutschland zu organisieren. Ich nehme Kontakt mit Ronny Tesch auf, um einen Abgabetermin zu vereinbaren und um ihm einige Dokumente zukommen zu lassen.

 

Dann fahre ich in die Stadt. Bei Movistar hoffe ich, meine Probleme mit der SIM-Karte lösen können. Dort erfahre ich jedoch, dass Handys aus dem Ausland registriert werden müssen, wenn man sie mit einer lokalen SIM betreiben möchte. Es scheint nur Glück gewesen zu sein, dass eine chilenische SIM-Karte in meinem Handy funktioniert hat.

 

Anders als in Argentinien ist eine Registrierung nur online möglich. Nachdem ich den Antrag gestellt habe, gehe ich essen und schaue mir im Anschluss die Stadt an.

Stadtbesichtigung

Ich besuche zunächst das städtische Museum. In der kleinen Ausstellung erfahre ich etwas über die Geschichte der Stadt und über die indigene Bevölkerung in Patagonien. Ausstellungsstücke und englischsprachige Infotafeln gewähren einen interessanten Einblick.

 

In der Stadt findet heute eine Art Kunst- und Tourismusfest statt. Ich schaue dort kurz vorbei. In der Nähe des Sportplatzes entdecke ich eine lange Mauer mit Szenen aus dem Leben der indigenen Bevölkerung. Die schönen Motive stellen überwiegend Jagdszenen dar.

Boarding der Fähre

Das Boarding der Fähre ist sehr aufwändig. Obwohl auf der Fährfahrt keine Grenze überschritten wird, muss der gesamte Zollprozess durchlaufen werden, da der Hafen einen Sonderstatus hat.

 

Zunächst wird im kleinen Navimag-Büro geprüft, ob man auf der Passagierliste steht und der Fahrzeugtransport mitgebucht wurde. Dann bekommt man einen Zettel. Mit diesem geht man zu einem weiteren Häuschen. Dort erhält man einen weiteren Zettel. Mit beiden Zetteln läuft man dann zum Hafeneingang und füllt dort zusammen mit den Zollbeamten einen dritten Zettel aus. Dann geht es wieder zurück zum Navimag-Büro, wo die Zettel dann final ausgefüllt werden und man seine Ausfertigungen erhält.  Alles läuft handschriftlich und es wird viel gestempelt.

 

Dann wird sich gemeinsam das Motorrad auf Vorschäden angeschaut. Der Motorradschlüssel muss in einem Briefumschlag hinterlegt werden, denn die Mitarbeiter von Navimag fahren die Fahrzeuge auf die Fähre.

 

Dann warte ich darauf, dass wir auf die Fähre laufen können. Den etwa 100 Meter langen Pier dürfen wir nicht zu Fuß betreten. Es kommt ein Reisebus, der uns langsam zur Fähre rollt. Angeblich soll es in der letzten Woche zu einem Unfall gekommen sein. Daher hat man sich entschieden, die Passagiere nun zur Fähre zu fahren.

 

Ich teile mir eine Viererkabine mit zwei weiteren Personen. Um 22 Uhr findet im Speisesaal die Begrüßung und die Sicherheitsunterweisung statt. Im Anschluss mache ich mich etwas mit der Fähre vertraut.


Mittwoch, 29. Januar 2020

Tag 61: Fährfahrt von Puerto Natales nach Puerto Montt - Tag 1

Fährfahrt

Gegen 6 Uhr sollte die Fähre eigentlich ablegen. Doch aufgrund des Windes, der die Fähre immer wieder gegen den Pier drückt, starten wir erst gegen 9 Uhr. Aufgrund der Wetterbedingungen kann es immer wieder zu Verzögerungen kommen. Es ist ausreichend Pufferzeit eingeplant, jedoch dient die Ankunftszeit nur als grobe Richtschnur.

 

Heute geht es durch die engste Stelle auf der Route. Die White Passage ist nur etwa 80 Meter breit. Die Fähre Evangelistas hat eine Breite von circa 23 Metern. Die Route führt an vielen kleinen Inseln vorbei. Dabei handelt es sich streng genommen um Berggipfel, die aus dem Wasser ragen. Die Bergespitzen sind zum Teil mit Schnee bedeckt. Auch einige Gletscher gibt es unterwegs zu sehen.

 

Ich genieße die Aussicht und lasse mir den Wind um die Nase wehen. Es ist leider sehr grau. Am Nachmittag wird das Wetter und damit die Sicht schlechter. Daher gehe ich nach drinnen und befasse mich mit der Routenplanung für meine letzten Wochen in Chile.

 

Ein Guide sieht meine Karten und fragt mich, ob er mir eine Präsentation zeigen kann, die er gerade erstellt und die Sehenswürdigkeiten um Puerto Montt zeigt. So erhalte ich einigen Input für meine Tour, die nicht in meinen Reiseführer stehen.

 

Am späten Abend wird in der Bar eine interessante Dokumentation über Wale gezeigt. Der Film begleitet eine US-Amerikanerin, die ihr Leben der Erforschung der Wale in Chile widmet. Auch nach vielen Jahren ist sie immer noch wie beim allerersten Mal begeistert, wenn sie einen Wal entdeckt. Mir hat sich ihr langgezogener Ausruf "The Blow" ins Gedächtnis gebrannt. Anhand der Fontäne, die Wale beim Atmen ausstoßen, lassen sich Wale aus großer Entfernung aufspüren. 


Donnerstag, 30. Januar 2020

Tag 62: Fährfahrt von Puerto Natales nach Puerto Montt - Tag 2

Fährfahrt

Die Fähre transportiert nicht nur Touristen, sondern in erster Linie Waren und Güter, die auch für die Versorgung von kleinen Orten entlang der Route gedacht sind. Daher legen wir am Vormittag beim kleinen Ort Puerto Edén einen kurzen Stopp ein.

 

Früher soll es möglich gewesen, hier für kurze Zeit von Bord zu gehen. Ein Landgang ist jedoch von den Bewohnern nicht mehr gewünscht. So kommen nun Boote zur Fähre gefahren, um Waren zu tauschen. Auch einige Personen steigen aus und zu.

 

Dann geht es weiter durch die Angostura Inglesa. Hier muss die Fähre eine spektakuläre S-Kurve absolvieren. Später geht es an der Statue Stella Maris vorbei. Vorbeifahrende Schiffe lassen hier ihr Horn ertönen.

 

Gegen Mittag passieren wir im Messier-Kanal das Schiffswrack der Capitán Leonidas. In den 70er Jahren ist das Schiff auf eine halb versunkene Insel aufgelaufen und dient nun als Referenzpunkt für Seeleute.

 

Bisher waren wir durch die vielen Inseln vor starkem Wellengang geschützt. Am Abend nähern wir uns der offenen See. Die Fähre beginnt stark zu schaukeln. Ich nehme eine Tablette gegen Reiseübelkeit und gehe früh zu Bett. Im Liegen sind die Schiffsbewegungen für mich am besten zu ertragen.

Der Speisesaal ähnelt vom Aussehen her einer Schulkantine. Das Essen ist jedoch gut und abwechslungsreich. Getränke (Kaffee, Tee, Wasser, Saft) stehen den ganzen Tag über kostenfrei zur Verfügung. Aufgrund von Alkohol bedingten Unfällen in der Vergangenheit, ist der Verzehr von alkoholischen Getränken an Bord mittlerweile verboten. In der Bar werden daher nur nicht-alkoholische Getränke und Snacks serviert.

 

Die Zeit an Bord vertreibt man sich hauptsächlich mit dem Beobachten von Landschaft und Tieren. In der Bar stehen gemütliche Sofas und Sessel bereit. Hier kann man Zeitschriften und Bücher lesen, Brettspiele spielen oder Musik hören. Die Playlist enthält noch Weihnachtslieder, was etwas komisch ist. Ansonsten ist die Musik gut. Für jeden Geschmack ist etwas dabei.

 

Außerdem werden Vorträge über Flora und Fauna sowie Yoga- und Tai-Chi-Kurse angeboten. Kleine Musikinstrumente können ebenfalls ausgeliehen werden. Abends werden hin und wieder Filme gezeigt. Dazu gibt es leckeres Popcorn.

 

Ich nutze die Zeit auch, um meine bisherige Reise Revue passieren zu lassen. Ich bin seit neun Wochen unterwegs. Dies klingt nach einer langen Zeit, neun Wochen sind aus meiner Sicht jedoch für die zurückgelegte Strecke und die vielen Eindrücke doch etwas kurz. Es fehlt mir ausreichend Zeit, das Erlebte zu verarbeiten. So hat sich bei mir eine gewisse Reisemüdigkeit eingestellt.

 

Dies kenne ich bereits von anderen Reisen. Das ist mit ein Grund, warum ich mich für die lange Fährfahrt entschieden habe. An Bord der Fähre kann ich einfach mal nichts tun, die Seele baumeln lassen und neue Energie für die bevorstehenden Wochen sammeln. Die Fährfahrt ist für mich ein Urlaub vom Urlaub.


Fraitag, 31. Januar 2020

Tag 63: Fährfahrt von Puerto Natales nach Puerto Montt - Tag 3

Fährfahrt

Am Morgen befinden wir uns immer noch auf offener See. Die Fähre schaukelt jedoch weniger stark und mein Körper scheint sich etwas an die Schiffsbewegungen gewöhnt zu haben. Mein Appetit ist zurückgekehrt.

 

Es gibt drei verschiedene Routen, um wieder zu den Kanälen zurückzukehren. Welche Route genommen wird, entscheidet der Kapitän unter anderem anhand des Wetters. Wir nehmen heute die nördlichste Route. Sobald wir in den Kanal einfahren, wird das Meer ruhig und das Schiff schaukelt nicht mehr. 

 

Die Landschaft ist wunderbar. Leider gibt es inmitten der sonst unberührten Natur viele Fischfarmen, Die Wal-Dokumentation hat anschaulich gezeigt, wie die Fischfarmen maßgeblich zur Verschmutzung dieses unbesiedelten Teils Chiles beitragen.

 

Heute gibt es viele Tiere zu beobachten. In den vergangenen Tagen habe ich bereits einige Delphine und Seelöwen entdeckt. Einige Passagiere haben auch in der Ferne Wale gesehen. Heute passieren wir einige kleine Inseln, auf denen Seelöwen und Kormorane leben.

 

Seelöwen und Delphine stören die Schiffsgeräusche kaum. Außerdem sind sie neugierig. Daher kommen sie dicht an die Fähre heran. Für Wale ist die Fähre jedoch zu laut. Daher sind sie nur in der Ferne zu sehen. Heute Abend soll die Wahrscheinlichkeit für Walsichtungen hoch sein. Im Golfo Corvocado sollen oft Wale anzutreffen zu sein.

 

Zum Glück lässt der Wind nach, so dass es auf offener See kaum Wellen gibt. Es herrschen beste Bedingungen für die Beobachtung von Walen. Bei ruhiger See lassen sich die Walfontänen leichter entdecken. Und tatsächlich bekommen wir einige Wale in der Ferne zu sehen. Was für ein schöner Abschluss der Fährfahrt.


Samstag, 1. Februar 2020

Tag 64: Puerto Montt bis Chiloé (102 km)

Fährfahrt

Gegen halb neun erreichen wir den Hafen in der Nähe von Puerto Montt. Jedoch können wir erst kurz nach elf die Fähre verlassen. Zunächst wird die Fähre von Schleppern an den Pier gezogen, was etwas länger dauert. Dann wird ein Teil der Fracht entladen. damit die Fahrzeuge der Touristen von Bord fahren können. Passagiere ohne Fahrzeug können die Fähre deutlich früher verlassen.

 

Ich fahre zunächst nach Puerto Montt, um mich mit ein paar Lebensmitteln einzudecken und um mich über die Wettervorhersage zu informieren. Ich entscheide mich dann, bereits heute auf die Insel Chiloé zu fahren. Auf dem Weg zur Fähre trifft mich der vorhergesagte starke Regenschauer. Auf der Insel soll das Wetter jedoch besser sein.

Chile - Fährfahrt von Puerto Natales nach Puerto Montt - Tag 4 - Ankunft

Hier geht es zu Teil 14 des Reiseberichts.


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